Ich bin allein… also zum Glück nur fast… Laika ist mir geblieben. Der eigentliche Grund für unseren Umweg über Antalya waren die Flugverbindungen nach Berlin, denn Conny musste für ein paar Tage für die Beerdigungsfeier ihres Großvaters nochmal in die Heimat. Nach einem tränenreichen Abschied am Flughafen (ja, ich und Laika haben geweint) nahmen wir unsere sechs Beine in die Hand und gingen endlich dieses Hinterachsproblem an, jetzt war immerhin die perfekte Zeit um ausführliche Reparaturen anzugehen. Allerdings ist so ein Werkstattbesuch ohne Sprachkenntnisse doch eine Ecke komplizierter, als sich in einem Restaurant etwas zu essen zu bestellen. Auf gut Glück hatte ich mich für eine Firma an der Hauptstraße durch Antalya entschieden, wo nach viel warten und noch mehr Tee auch irgendwann der herbeigerufene Meister angefahren kam. Noch wirkte es sehr ungewohnt wie hier gearbeitet wurde, aber das war nur der Anfang.

Die Testfahrt um ihm das Problem zu schildern glich eher einer Ausfahrt mit einem Liebespaar im Fond, denn der Meister war mehr damit beschäftigt unseren Wauwau zu knuddeln als auf meine Fehlerbeschreibung zu achten… Niedlich aussehen kann also auch mal von Nachteil sein. Um ehrlich zu sein, hatte ich arge Zweifel, bei diesem Laden richtig aufgehoben zu sein. Doch ich hatte mich geirrt. Recht zielsicher wurden die beiden Radlager als Fehlerquelle benannt, die Steckachsen schneller ausgebaut als ich gucken konnte, und in den Kofferraum eines alten Mercedes verladen. Weg waren sie. Wohin? Keine Ahnung. Wohl auch um mich zu beruhigen, denn meine Unsicherheit sah man mir recht gut an, wurde ich mit an den Mittagstisch gebeten.

Hier ist man irgendwie Teil der Familie, sobald man Kunde ist. Kunde ist nicht König, sondern Onkel…könnte man sagen. Es ging irgendwie schneller als gedacht, denn kurz nach unserem gemeinsamen Mahl, war der Meister schon wieder damit beschäftigt die Achsen einzubauen. Das vorherige axiale Spiel war fast weg. Ein gutes Zeichen, aber ein trügerisches, denn die Testfahrt offenbarte, dass es zwar weniger knackte, aber weg war es nicht.

 

Wenn man bedenkt, wie schwer man sich schon zu Hause tut eine vertrauenswürdige Werkstatt zu finden, war es hier nicht wirklich leichter. Ich bin mir sicher, dass mir hier keiner etwas Böses wollte, aber dennoch fehlte das Vertrauen in die Kompetenz ein wenig. Zeit für den Joker. Uwe hatte uns auf der Fähre seine Hilfe angeboten…es wurde Zeit herauszufinden, ob es nur leere Worte waren. Selten war ich so positiv überrascht, denn es setzte sich gleich ein ganzer Apparat aus hilfsbereiten Menschen in Bewegung. Uwe aktivierte Lutz, Lutz Murat, und Murat seinen Bruder, und innerhalb kürzester Zeit hatte ich die Anschrift mit Fotos und Wegbeschreibung zu einer Werkstatt bei der mir sicher geholfen werden kann. Angekündigt war ich dort auch schon… Ich war begeistert. Und bei der Ankunft einfach überfordert.

 

 

Autoreparatur funktioniert in der Türkei anders als in Deutschland. Es sind nicht große Firmen, es sind Dörfer, oder besser ganze Stadtteile die wie ein Bienenstaat zusammenarbeiten. Jeder kann was besonders gut, so ist eine Werkstatt neben der anderen und jeder arbeitet mit jedem zusammen. Es gibt hier scheinbar keine Konkurrenz, denn jeder hilft mit seinem Fachwissen beim anderen aus. Wie das später abgerechnet wird ist mir schleierhaft. Durch dieses System aber ist jede Instandsetzung innerhalb kürzester Zeit erledigt, denn jede Fachkraft, jedes Werkzeug und auch fast jedes Ersatzteil ist in Rufweite und kommt auf Rollern, Handkarren oder zu Fuß herbeigeeilt, wenn man nur das richtige in die Straßen hinein ruft. So bin ich also bei dem Spezialisten für Differentiale gelandet. Und ohne Wartezeit wurde Ernst aufgebockt und das gesamte Differential der Hinterachse zerlegt.

Da die neuen Radlager das Problem nicht lösen konnten war meine Befürchtung diesbezüglich gewachsen, und so erhoffte ich mir hier die Klärung…Doch es waren wirklich die Radlager. Auch die neuen scheinen irgendwie nicht ganz korrekt verbaut worden zu sein. Ich war fast erleichtert, denn um an ein neues Differential zu kommen, hätte ich wohl auch hier über Leichen gehen müssen.

Also ab in eine andere Werkstatt, natürlich nach Empfehlungen von Uwe, Lutz und Murat… wo es denn nun hier die Radlager richtig einzubauen galt. Dass ich in der Differentialwerkstatt nur das neue Öl bezahlen brauchte, muss ich auch noch erwähnen, denn mein Problem konnte er schließlich nicht lösen, also kann er ja auch kein Geld von mir verlangen… Diese Art zu arbeiten kam mir so ungewohnt vor, dass ich wie benebelt in der nächsten Werkstatt ankam. Fast ironischerweise erreichte mich heute, wo ich diesen Bericht schreibe eine Rechnung aus der Heimat über die UNerfolgreiche Fehlersuche der Elektroanlage meines Hauses über ca. 300€… Es regt zumindest zum Nachdenken an.
Zeitweise saßen sieben Mechaniker nun um Ernst versammelt und beratschlagten mit vielen Gesten und lauten Worten, wie mir geholfen werden kann… Es wurden Distanzringe gedreht, nachjustiert und immer wieder überprüft… und letzten Endes waren klackern und wackeln verschwunden…Das ganze nach 2 ½ Tagen Arbeit und etwa 90 € Lohn und Materialkosten. Conny war auch per Taxi zurück… alles wieder gut. Oder sollten wir die Werkstatt nicht das letzte Mal gesehen haben?

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