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Das ungewollte Wiedersehen

Die Zeit in Antalya war echt toll. Die Hilfsbereitschaft, die sicher den wirtschaftlichen Nutzen der Werkstätten bei Weitem übertraf, hat sich in unsere Herzen eingebrannt. Daher fiel es auch etwas schwer dieser Stadt den Rücken zuzukehren. Einige weitere Höhepunkte warteten noch im Westen der Metropole auf uns. Die Gesamte Landschaft ist zu dieser Jahreszeit einfach traumhaft schön. Noch nicht zu warm, aber trotzdem grün erhebt sich das Taurusgebirge aus dem Meer. An einem dieser Berge trafen wir Mattis wieder, den wir einen Tag beim Sportklettern begleiten durften. Wir beiden haben auch schon mal an Seilen an einer Felswand gehangen, aber die gesamte Atmosphäre dieses Klettercamps (Geyikbayiri) hat uns infiziert, und so wurde ein paar Tage darauf der Platz im Ernst wieder etwas reduziert durch ein wenig Ausrüstung für eigene Kletterausflüge.


Im Südwesten Antalyas finden sich wunderschöne Ruinen antiker Siedlungen und Städte, die einem eindrucksvoll die Größe und Fortschrittlichkeit der damaligen Völker demonstrieren. Prachtstraßen aus großen Steinplatten, beheizte Badehäuser und an den Hang gebaute Amphitheater lassen die meisten heutigen Bauwerke als kurzlebig erscheinen. Der Weg führte uns weiter südwärts, sich windende Küstenstraßen entlang, und alles ohne knackende Hinterachse. Das Ziel ist ein mystischer Ort an dem der griechische Held Bellerophon auf seinem geflügelte Pferd Pegasus die Chimera besiegt haben soll. Das feuerspeiende Monster soll seither hinter Felsen begraben liegen und noch immer brodelt sein Feuer an der Oberfläche. Dutzende kleine Gasflammen züngeln hier in Carali seit hunderten Jahren und lassen einen verstehen, dass man an diesen Mythos glauben kann. Praktischerweise werden am Fuße des Hügels auch Marshmallows verkauft.. über antikem Feuer geröstet schmecken die gleich mindestens doppelt so gut.


Die Weiterfahrt zurück Richtung Osten kam einher mit einem komischen Geräusch von der Hinterachse. Nein, nicht das Klacken, etwas neues, ein Brummen. Unser Rückweg führte eh wieder durch Antalya, also beschlossen wir unsere altbekannte Werkstatt wieder aufzusuchen. Unterwegs dorthin lief die Fehlersuche natürlich auf Hochtouren, und so konnte wir bei Ankunft direkt berichten, dass wohl das Kreuzgelenk der Antriebswelle den Geist aufzugeben versuchte. Ansich wird einem hier immer sofort geholfen. Termine scheint es gar nicht zu geben. First come, first serve. Leider waren wir nicht die ersten, daher wurden wir auf den folgenden Tag vertröstet. Und da uns ein wenig der Zeitdruck im Nacken saß und wir auch nicht das Gefühl hatten, der Schaden sei besonders akut, beschlossen wir weiter Richtung Alanya zu reisen. Unsere Ungeduld wurde bestraft. Nach nur ca. 40 km wurde das Geräusch so unglaublich laut, dass wir anhielten, uns zur nächstgelegenen Werkstatt durchfragten und dort den Schaden reparieren ließen. Aber warum war bloß die gesamte Achse so heiß, dass sogar das Spritzwasser darauf verdampft? Kurze Zeit später, weiter auf dem Weg nach Alanya hatten wir die Antwort. Das Kreuzgelenk war lediglich ein Teil des Problems. Irgendwas stimmte dort hinten noch immer nicht. Das reibende Geräusch von Metall auf Metall verursachte uns Gänsehaut, und so knirschten wir in Schrittgeschwindigkeit zurück zur Werkstatt. Obwohl eigentlich schon geschlossen, kam der Mechaniker schnell wieder angefahren und war sich nach kurzer Untersuchung recht sicher, dass das Differential beschädigt sein muss. Der Schock war groß, die Ungläubigkeit aber auch und trotzdem folgtem wir seinem Rat und setzten uns im Schneckentempo zurück nach Antalya zu einer uns gute bekannten Werkstatt für Differentialgetriebe fort. Nach nur 2 km endete diese Reise mit blockiertem Hinterrad am Straßenrand der Schnellstraße.


Vor dem Beginn unsere großen Fahrt wurden wir von unserem Chefmechaniker auf eine 1000 km Probefahrt geschickt. Auf dieser blieben wir mit geplatzem Kühlerschlauch liegen. Ein Umstand der uns genau jetzt zu gute kam, denn der damals herbeigerufene gelbe Engel überredete uns zu einer PLUS Mitgliedschaft beim ADAC um auch außerhalb von Deutschland Hilfe bekommen zu können. Und ganz ehrlich…das hat tadellos funktioniert. Ein Abschleppwagen mit Spezialausrüstung für blockierte Räder, der ein 3,40 Meter hohen Camper transportieren kann, in so kurzer Zeit zu uns zu schicken, war eine Meisterleistung. Und trotz des Wolkenbruchs der uns alle bis auf die Knochen durchnässte, während Ernst verladen wurde, blieb die Stimmung fröhlich und gelassen. Eine rasante Fahrt, viele Tunnel und Unterführungen umfahrend später bereiteten wir uns auf eine etwas andere Nacht vor, auf dem Betriebshof der alt bekannten Werkstatt. Ob wir jemals weiter nach Osten kommen als Antalya? Den Willen dazu haben wir zumindest noch nicht verloren.

Das türkische Griechenland

🇬🇧

Ja, wir waren frech. Trotz eindeutiger Internetinformationen welchen Grenzübergang man mit Haustieren zu nutzen habe, entschieden wir uns für eine Abkürzung. Wer will schon freiwillig 200 km extra fahren? Und es lief mal wieder wie am Schnürchen. Laika war lieb und niedlich (wir denken schon drüber nach ihr ein dementsprechendes Kommando anzutrainieren) und so endete die Befragung des Grenzbeamten nur mit: “Only one dog?“ und der Weg war frei in ein neues Land. Der Empfehlung unserer neuen Freunde folgend, Istanbul als Selbstfahrer zu vermeiden, peilten wir die Fähre bei Canakkale an, um über den Bosporus nach Süden zu gelangen. Unsere erste Nacht auf türkischem Boden wurde leider früh (22 Uhr) unterbrochen, denn wir hatten uns einen Schlafplatz nahe einer historischen Stätte des ersten Weltkrieges ausgesucht, an der das Campieren wohl nicht gestattet war. Zum Glück waren die beiden Ordnungshüter sehr freundlich und empfahlen uns Alternativen entlang der Straße. Also kurzerhand den Ernst wieder fahrbereit umrüsten und ab zu einem anderen Plätzchen (im Schlafanzug).


Dort fielen wir gleich am nächsten Morgen wieder negativ auf, denn es versteckte sich wohl eine Militäranlage hinter dem nahen Wäldchen, und in der Nähe solcher sind Fotografien, besonders per Drohne, verboten. Leider gibt es auch keine Karte wo die Militäranlagen verzeichnet sind, daher bleibt es immer ein kleines Glückspiel das fliegende Auge in die Luft zu bringen. Aber auch diese Polizisten waren angenehm freundlich und verständnisvoll. Um ehrlich zu sein, passte schon das so überhaupt nicht in unsere Vorstellungen der Türkei. Wir rechneten mit groben Menschen die eine grundlegend abwehrende Haltung an den Tag legen würden, aber überall schlug uns Freundlichkeit entgegen. War das noch nicht die echte Türkei? Kam das nur, weil wir in touristischen Gebieten unterwegs waren? Wir werden sehen. Auf der Fähre lernten wir noch Uwe und seine Frau kennen. Der deutsche CTO einer Firma für Windenergie gab uns reichlich Empfehlungen was Sehenswürdigkeiten angeht, und bat uns seine telefonische Hilfe an, falls es mal einer Übersetzung bedarf…Wie sehr wir diese noch benötigen würden, konnten wir uns aktuell noch nicht einmal vorstellen. Für unseren kleinen Wuff gab es bei der Überfahrt nichts Tolleres, als den umhersegelnden Möwen hinterher zu schauen und wohl in Gedanken jede Feder einzeln auszurupfen… aber sie beließ es bei den Gedanken daran.


Der weitere Weg gen Antalya war gesäumt von antiken Orten, die wir hier nicht so wirklich erwartet hatten. Teilweise wirkte es eher wie das, was wir von Griechenland erwartet hatten. Mit Orten wie Troja und Ephesos, lagen sogar absolute Highlights auf unserer Route. So wunderschön restauriert und ausführlich erklärt, war es ein leichtes sich vorzustellen über die Marmorböden der herrlichen Säulengänge zu damaliger Zeit zu flanieren. Ihr seht, es geht hier nicht nur um pures Vergnügen, sondern auch Kultur wird groß geschrieben.

Kleine Städte wie Selcuk mit ihrem Markt, der sich über den gesamten Ortskern erstreckte, waren vor uns aber auch nicht sicher. So langsam verlieren wir auch etwas die Berührungsangst und trauen uns schon auf Märkten einzukaufen. Es mag lächerlich klingen, aber sich von den gewohnten, heimischen und vor allem anonymen Supermärkten zu trennen fällt schwerer als gedacht. Als letzte Sehenswürdigkeit vor Antalya führte uns der Weg nach Pamukkale. Die historische Stadt Hierapolis ist auf einem kleinen Berg erbaut, welcher eine kalkhaltige Thermalquelle hervorbringt und so Kalksinterterrassen an seiner Südseite hervorgebracht hat. Ein Naturschauspiel, was auch die UNESCO gewürdigt hat. Nur barfuß darf man den Berg erklimmen, was aufgrund der frühen Stunde (wir wollten den chinesischen Tourihorden ausweichen) ein erstens sehr kaltes und zweitens auch teilweise sehr scharfkantig schmerzhaftes Vergnügen war. Immerhin durfte Laika mit. So viel Toleranz hatten wir nicht unbedingt erwartet, aber die Straßenhunde machten ja nun mal auch vor diesen Orten nicht halt, also warum einen Hund an der Leine aussperren?

Morgen neben Ballons aufwachen
Pamukkale Kalksinterterassen – mächtig kalt

Mit reichlich Eindrücken im Gepäck rollten wir weiter. Und immer wieder dieses klackende Geräusch von der Hinterachse… aber das wird schon nichts Schlimmes sein…oder doch?

Laika und das trojanische Pferd