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Usbekistan – die Wüste lebt!

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Schon an der Grenze war uns dieses Land weitaus freundlicher gesinnt als Turkmenistan. Wir trafen Otto, alleinreisend in seinem Toyota Landcruiser. Hatten aber nur kurz Zeit um zu plaudern. Ein bisschen neidisch waren wir auf seinen Spaten, den er einfach an seinen Reserverad festgemacht hatte. Da konnte unser iranischer Klappspaten, den wir notgedrungen in Teheran kaufen mussten, da uns Klappi I entwendet wurde, so gar nicht mithalten.

Wenn man zu Hause erzählt wohin man fährt, kennen die meisten Leute noch den Iran, Turkmenistan oder gar Usbekistan, ähnlich wie die restlichen -stans ist den meisten kaum ein Begriff oder wie für uns vorher, ein weißer Fleck auf der Landkarte. Warum also wollen wir genau hier hin? Ganz zu Anfang unseres Blogs hatten wir es schon mal erwähnt: Viele Leute fragen uns, warum wir genau diese Route gewählt hatten. Endlich bekommt ihr eine Antwort. Vor ungefähr 30 Jahren, Conny war noch sehr jung, begab es sich, dass sich ihre Großeltern aufmachten, um eine dreiwöchige Rundreise durch Zentralasien anzutreten. Damals, zu Zeiten der Reiseproblematik als DDR Bürger, war eine Busreise bei den sozialistischen Freunden zum Glück gar kein Problem. Also reisten Oma und Opa von einem Highlight zum anderen. Mir liegt noch die Schwärmerei meiner Oma in den Ohren, wie wunderschön Bukhara und Samarkand waren. Da beide für mich unglaublich große Vorbilder sind (und ihre Schwärmerei von Kuba auch gestimmt haben), sollten also diese Highlights auch auf unsere Reiseroute.

Wenn ihr euch wenig oder nicht für Umweltthemen interessiert, überspringt bitte den nächsten Abschnitt!


Die Landschaft war immer noch karg, Wüste und Steppe prägten das Bild. Der einzige Fluss, der Amurdaya (beliebte Frage in Kreuzworträtseln) überquerten wir an der Grenze Turkmenistan – Usbekistan. Sehr groß und breit und ganz rot gefärbt fließt er dahin. Nur schafft er es nicht mehr bis zum Aralsee, so wie früher. Als Martin und ich früher im Geografieunterricht saßen und Hauptstädte, Länder und Gewässer büffelten, war der Aralsee der größte See der Erde. Inzwischen ist er ein Schatten seiner selbst. Nur noch 1/5 so groß, und ausgesprochen flach. Aber das hat keinen natürlichen Ursprung. Die Menschen, die in Usbekistan und Turkmenistan leben, wohnen in der Wüste, und um diese fruchtbar zu machen und Landwirtschaft zu betreiben, benötigen sie Unmengen an Wasser. Die Flüsse, die aus dem Pamir und umliegenden Gebirgen kommen und einst den Aralsee speisten werden in den Tälern abgeleitet. Dazu bauen die Menschen unglaubliche Wasserstraßen, Kanäle, Hebeeinrichtungen. Jeder Landbesitzer nimmt sich so einen kleinen Teil des Wassers. Betrachtet man das ganze mal per Satellitenaufnahme, sieht man dass das Wasser aus den Gebirgen (unten rechts), zwar die Täler in der Wüste schön grün macht, aber kein Wasser mehr im Aralsee ankommt.

Viel ist das ja nicht, denkt man, wenn man so einen kleinen Kanal pro Haushalt sieht. Wenn man aber mal die ganzen Ausmaße betrachtet, ergibt das schon ein ganz anderes Bild. Das umgeleitete Wasser versickert im Boden und schwemmt Dünger mit ins Grundwasser oder verdampft einfach aufgrund der großen Hitze. Und schon kommt kaum oder kein Wasser mehr im Aralsee an.

Der Aralsee vor 40 Jahren und jetzt

Ich weiß, ihr wollt hier unsere Erlebnisse nachlesen und nicht das pausenlose Gelaber über Wasserknappheit und Rohstoffe lesen. Aber uns ist das wichtig (geworden). Zuhause hat man alles, man dreht den Hahn auf, es kommt fließend sauberes trinkbares Wasser. Wir gehen in den Supermarkt, da steht alles an Obst, Gemüse, Milch und Fleischprodukten. Einfach zum Mitnehmen, recht günstig, ohne großen Aufwand. Wenn man aber mal sieht, wie es dort hin kommt, wo es unter welchen Voraussetzungen angebaut wird, wie die Menschen leben, die unsere Lebensmittel anbauen, da kommt man stark ins Grübeln.


Mal von der Wasserproblematik abgesehen, waren wir ganz gespannt, was uns erwartete. Wir fuhren zu allererst nach Bukara/Bukhara/Buxoro und was wir sahen war: Nichts. Eine relativ normale Wüstenstadt, überall Sand und schlechte Straßen, so wie wir es schon von vorher kannten. Zu erst besorgten wir uns natürlich wieder eine SIM Karte, denn ohne Internet geht ja bei uns bekanntlich nix. Dann fuhren wir nur wenige hundert Meter weite rund dort trafen wir erst ein Schweizer Paar mit einem tollen Allrad-Camper, mit denen wir eine Zeit klönten. Dann machten wir uns auf in die „Altstadt“ und wir konnten unsere Münder kaum schließen, so wunderschön restauriert war diese. Wenn man von 1001 Nacht spricht, dann muss es Bukara sein! Ihr könnt euch diese wunderbar verzierten Türme und Tore nicht vorstellen. Die Seidenschals in allen Farben die von Straßenhändlern angeboten wurden. Die großartigen Bauwerke die bereits Jahrhunderte und etliche Kriege überdauert haben. Es war wirklich wie im Märchen! Meine Oma hatte also nicht geflunkert und ich kann sie mir genau vorstellen, wie sie an den gleichen Stellen stand und nur sagte „Ach wie schön das ist!“.

Und weil ihr so tapfer bis zum Ende gelesen habt, bekommt ihr jetzt noch ein paar wundervolle Fotos, die leider der Schönheit gar nicht gerecht werden!

 

Turkmenistan oder 22 Stunden Augen zu und durch

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Nach langsamem Gezuckel von der iranischen zur turkmenischen Grenze, einem Veterinär, der vor Hunden Angst hat und noch zwei Stunden Warten auf Grund von Computerproblemen, flog zu allererst das Kopftuch in die weit entfernteste Ecke vom Ernst. Endlich wieder etwas freier, dachten wir. Die nun folgenden -STAN-Staaten waren ja eigentlich auch großteils muslimisch, also ließen wir uns dahingehend überraschen.

Auch überraschend war, wie man ein Land so sehr hassen lernt, bevor man tatsächlich drin ist. Turkmenistan. Unwillig eine überteuerte Tour zu buchen, um ein Touristenvisum zu bekommen, hatten wir uns also ein Transitvisum besorgt. Schlappe 55 Dollar Gebühr und 10 Tage Bearbeitungszeit, hatte uns das schon bei der Beantragung im Iran gekostet. Nun standen wir wie an jeder Grenze, liefen von einem Fenster zum nächsten. Passkontrolle, Autokontrolle, Gesundheitscheck, Gebühr bezahlen. Plötzlich kippten wir aber aus den Latschen! Wir sollten tatsächlich, nur um in dieses Land einreisen zu dürfen nochmal 210 Dollar bezahlen! Davon waren 50 Dollar für die Benutzung einer Brücke, weil wir ja so einen großen Truck hätten, dann gab es noch die Einrichtungsgebühr für das GPS was wir mitführen mussten, aber nur in die Hand gedrückt bekamen, von den 3 Dollar Desinfektiongebühr, weil wir durch eine Senke gefüllt mit Wasser fahren mussten, fangen wir gar nicht erst an. Ach ja, die Bezahlgebühr kam auch noch drauf. Es fehlten also nur noch die Daseinsberechtigungsgebühr, Atmungsgebühr und Geschlechtergebühr. Wir fanden es zum Erbrechen. So viel Geld für einen Transit, der im Nachhinein (mit Übernachtungspause) gerade mal 22 Stunden gedauert hat. Nun ja, was wollten wir machen, einen anderen Weg gab es gerade nicht für uns.

Wir schmissen also unseren Ernst an und es ging los. Turkmenistan – laut Wikipedia eines der undemokratischtens Staaten überhaupt. Es wurden sogar die Satellitenschüsseln an den Häuserfassaden verboten, um nur noch Staatsfernsehen empfangen zu können. So weit das Internet. Unsere Befürchtungen, gingen in die ähnlichen Richtungen wie es uns vorher mit dem Iran ging. Doch als wir durch die erste Ortschaft fuhren, stellten wir fest: Die Menschen hier lassen sich auch nicht veräppeln. Wenn die Schüsseln nicht an die Fassade dürfen, kommen sie eben aufs Dach oder in den Garten.

Und auch sonst waren die Menschen ganz anders als im Iran. Die Frauen trugen farbenfrohe lange Kleider, jede sah anders bunt aus und niemand trug mehr einen Schleier oder ein Kopftuch. Ach wie war das schön endlich wieder den Menschen ins Gesicht gucken zu können. Und obwohl Turkmenistan zu einem der ärmsten Länder der Welt gehört, sahen die Leute auf den Straßen unglaublich fröhlich aus. Vielleicht lag es an dem kostenlosen Salz, Brot und Diesel, das der Staat den Einwohner großzügig zukommen lies.

An den Straßen lag es jedenfalls nicht. Und wenn man Straßen sagt, meint man eigentlich die schlimmste Kategorie. Ja, dort, wo man fahren soll, befindet sich Asphalt. Aber er ist gespickt mit Spurrillen des Todes (so circa 30-40 cm tief), Löchern, so tief und scharfkantig und plötzlich, dass jedes Auto freiwillig aufgibt und die Straßenränder waren jeden Kilometer markiert mit zerstörten LKW Reifen. Das war also die Todeshölle für jedes Auto. Wir kämpften uns über diese Buckelpiste, manchmal überweht von Sanddünen. Denn hier war ja auch die Karakum Wüste, der trockenste Ort der Welt. Wir beeilten uns so schnell wie möglich durch dieses Land zu kommen.

Doch das war einfacher gesagt, als getan. Auf den Turkmenischen Straßen musste Ernst doch einiges ertragen. Als es dann mitten in der Nacht war und uns Google Maps 25 km in eine Sackgasse lotste, brachen wir den Versuch ab, in einem Ritt durchs Land zu kommen und suchten uns einen relativ versteckten Wüstenstehplatz.

Früh geweckt durch Hitze und einen Schäfer/Hirten/Priester/Anwohner, der einfach nicht wegging, machten wir uns auf den Weg das restliche Land zu durchqueren. Die Landschaft stellte sich als nicht sehr abwechslungsreich heraus, aber wenn man mal ganz genau hinsah, konnte man diese Trockenheit doch blühen sehen.

Einen Halt machten wir aber noch in Turkmenabat, einer Stadt, auf dem Reißbrett gezeichnet. Gerade, breite, ordentliche Straßen, gepflegte Häuser, Einkaufszentren. Ein totaler Kontrast zu den vielen Kilometern in der trockensten Wüste  der Welt.  Leider haben wir von dort keine Fotos, weil wir ja, wie gesagt, uns beeilt hatten. Unser Fazit ist jedenfalls, dass wir dieses Land nicht wieder besuchen wollen.

Klettern, Kultur und Gesang

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Entgegen der eigentlichen Planung den Wolkenwald in nördlicher Richtung zu durchqueren, machten wir also kehrt und folgten auf direktem Kurs der Straße Richtung Maschhad ohne einen kurzen weiteren Zwischenstopp am Kaspischen Meer. Die Landschaft wurde in dieser Region schon deutlich trockener, auch einige Salzseen fanden sich abseits des Weges. Aber etwas wirklich Spannendes passierte erstmal nicht weiter. Nach den ersten Wochen in diesem Land war uns das aber auch sehr recht mal wieder etwas Ruhe und Zeit für uns zu haben.

Zwei Tage vor Erreichen der großen Stadt im Nordosten welche auch Omid‘s Heimat ist, riefen wir ihn für eine Verabredung an. Seine Reaktion hatte uns etwas überrascht, denn er konnte sich nicht daran erinnern uns seine Nummer gegeben zu haben. Vielleicht gab es in den Bergen doch den einen oder anderen Wodka zu viel. Der Freude über unseren Anruf tat das allerdings keinen Abbruch. Mit reichlich Tipps für Sehenswürdigkeiten für die letzten paar hundert Kilometer machten wir uns auf zu unserem vereinbarten Treffpunkt. Wunderschöne Sandstein-Canyons mit reichlich Gelegenheit zum Sportklettern und ein paar historische Städten sorgten für Abwechslung.

Eine Begegnung ganz anderer Art hatten wir noch zwischendrin in Maschhad, als wir nichtsahnend im Stau in der Stadt an einer Ampel standen und uns so das bunte Straßentreiben anschauten. Gewürzstände an den Straßenrändern, viele Fußgänger und ein obligatorischer Rosenverkäufer. Auto um Auto ging es langsam vorwärts und wie ihr wisst, ist man mit Ernst nicht gerade in seiner Lieblingsumgebung, wenn man mitten im dicken Verkehr steckt. Wir beobachteten weiter und sahen, dass ein Mann aus seinem Auto stieg und zum Rosenverkäufer lief, eine Rose kaufte und dann… zu uns kam. Wir öffneten unser Fenster und er reichte uns die Rose herein mit den einzigen Worten „Welcome to Iran!“. Völlig verdattert saßen wir da, dankten im mehrfach und schwupp war er wieder in sein Auto gestiegen. Einmal mehr erlebten wir, wie Iraner Reisende mit offenen Armen empfangen, ohne sie jemals vorher gesehen zu haben oder irgendeine Gegenleistung zu erwarten.

In der Stadt angekommen, ging es eigentlich direkt wieder hinaus, denn wie ja schon erwähnt, gibt es für Iraner nichts Besseres als Camping. Und so fanden wir uns kurze Zeit später abseits der Stadt in einer nackten Hügellandschaft wieder, der Blick auf einen wunderschönen kleinen See gerichtet zu dem Ernst leider nicht runter fahren konnte. Das Gelände war dann doch etwas zu steil für ihn. Umringt von Omid‘s Freunden saßen wir auf unseren wunderschönen persischen Picknickdecken, grillten Lamm und Hühnchen, verputzten köstlichen Auberginenjoghurt und genossen die vielen Geschichten der netten Menschen um uns herum. Mit der untergehenden Sonne führte uns Omid wieder zurück in die Stadt. Unser neu gewonnener Schlafrhythmus der sich der Sonne angepasst hatte forderte uns schon lange auf den Weg ins Bett zu suchen, aber hier wurde die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn es ging nicht zu einem ruhigen Schlafplatz, sondern in ein traditionelles Restaurant wo noch für Stunden weiter erzählt und gegessen wurde. Aber auch dieser Tag fand schließlich sein Ende in einer abgelegenen Straße unter einer Laterne. Der nächstmorgendliche Kaffee wurde durch eine Polizeikontrolle unterbrochen, wie so oft in diesem Land, aber wieder einmal eine sehr freundliche Begegnung aus der wir mit einer privaten Telefonnummer der Polizisten für Notfälle entlassen wurden.

Heute stand dann die Abholung der turkmenischen Visa auf dem Programm. Mit der ortskundigen Begleitung von Omid und Reza war es auch gar kein Problem das Konsulat zu finden. Die uns verbleibende Zeit in dieser Stadt wurde genutzt um Ernst mit zwei kleinen, aber wunderschönen persischen Teppichen auszustatten und den Holy Shrine zu besuchen. Noch nie etwas davon gehört? Wir auch nicht. Und wer dachte, dass der Vatikan schmuckvoll und prächtig ist, der wird bei dem Anblick dieses Bauwerkes sehr große Augen bekommen. Über eine Fläche von 10km² (Angabe vom Guide) erstreckt sich eine der zentralen Stätten des Muslimischen Glaubens. Ein Pilgerort, annährend auf der gesamten Fläche mit geknüpften Perserteppichen ausgelegt, verziert mit goldenen Torbögen, verspiegelten Sälen, und über und über mit kunstvollen Mosaiken verziert. Man hat keine Ahnung was einen erwartet wenn man aus der Tiefgarage über die Rolltreppe nach oben fährt. Daher hat es uns auch für die ersten Minuten komplett die Sprache verschlagen. Betreten werden musste der Holy Shrine natürlich nach Geschlechtern getrennt und Conny wurde das von Reza‘s Schwester geliehene Tuch (ja, der Kopf-Schal reichte hier nicht aus) erstmal ordnungsgemäß von den Frauen um den ganzen Körper gewickelt, sodass sie vernünftig gekleidet diesen heiligen Ort betreten durfte. Reza übernahm hier die Führung und hatte auf jede unserer unwissenden Fragen eine tolle Antwort. Endlich mal aus ersten Hand etwas über einen anderen Glauben zu erfahren wirft ein völlig neues Bild auf viele Dinge. Man wurde förmlich mitgerissen durch die Ehrfurcht der uns umringenden Gläubigen als man in einem Strom am Allerheiligsten vorbeigedrückt wurde. Wieder einmal nach Geschlechtern getrennt, war das Erlebnis bei den Frauen so, dass sich ein Schwarm Frauen direkt an den Schrein drückten, der über und über dekoriert war. Babies wurden hochgehoben und nach vorne gereicht, in den hinteren Reihen wurde auf dem Boden gesessen und gebetet. Ein unvergessliches Erlebnis war es auf jeden Fall, wenn auch befremdlich.

Wir hatten ja noch versprochen zu erzählen was Omid so besonders macht. Die folgende Nacht verbrachten wir in einer kleinen Schlucht im Norden der Stadt. Wir erreichten den Ort erst spät, daher versperrte die Dunkelheit uns den Blick auf die Felswände um uns herum, als jedoch Omid zu einem kehligen Gesang aus voller Brust ansetzte um auf Farsi (Persisch) über die Liebe zu singen, hallte es von den Wänden wieder in einer Weise die jedes Opernhaus erblassen ließe. Wir saßen zu dritt an einem kleinen Lagerfeuer, einer sang, zwei weinten. Wohl der berührendste Moment der ganzen Reise. Diese ehrliche Liebe zu seiner Kultur und seinem Land haben uns von den Füßen gerissen, denn jeder andere den wir bisher im Iran getroffen haben, wollte irgendwie weg in ein anderes Land. Nicht, dass Omid nichts zu kritisieren hatte, aber er hat die Schönheit des Landes für sich erkannt und gefunden. Unsere Darbietung deutscher Gesangskunst in Form eines alten Kanon (Hejo, spann den Wagen an) konnte da nicht wirklich mithalten. Unsere Sprache ist einfach nicht zum Singen gemacht. Des Nachts folgten dann auch wieder Omids Freunde der Einladung zum Camping, und so lachten, aßen und tranken wir bis in die späte Nacht hinein. Nach ein paar tollen Kletterrouten am nächsten Morgen und einer Tasse Tee im Zelt einer Bauernfamilie welche hier auch ihr Lager aufgeschlagen hatten, geleitete uns Omid in Richtung turkmenischer Grenze. Unterwegs wurden noch die Vorräte aufgefüllt wofür wir mal wieder nichts bezahlen durften, und so nahmen wir an einem kleinen See im Norden des Landes Abschied von einem ganz besonderen Menschen. Allerdings nicht ohne ihm das Versprechen abzuringen uns zu Hause zu besuchen. Wir hoffen er hält sich daran.

In der kleinen Grenzstadt besorgten wir uns noch schnell unsere eigene persische Picknickdecke. Ohne kann man einfach nicht richtig campen, haben wir gelernt 😉 Ab jetzt folgt Wüste, aber davon erzählen wir euch beim nächsten Mal mehr.

Freundschaft über den Wolken

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Für die letzte Nacht in Teheran wurden wir von unseren neuen Freunden in einen Park an der Nordgrenze der Iranischen Hauptstadt gelotst. Dass dieses Völkchen einen großen Hang zu Camping, Lagerfeuern und Geselligkeit hat, haben wir ja bereits erwähnt. Dass jedoch dieser Park auch so spät am Abend noch proppenvoll mit Menschen war und an jeder Weggabelung kleine Zelte standen und fleißig gegrillt wurde, damit hatten wir wiederum nicht gerechnet. An einem kleinen Parkplatz machten wir halt und unsere Freunde versicherten uns, dass spätestens in einer Stunde Ruhe einkehren sollte. Der tränenreiche Abschied und die gegenseitigen Zusicherungen sich so bald wie möglich wieder zu besuchen nahmen auch schon den größten Teil der Wartezeit auf Ruhe in Beschlag. Und ja, es wurde still um unseren Ernst. Vorerst. Denn nachdem wir uns gemütlich im oberen Stockwerk schlafen gelegt hatten und die ersten Traumfetzen den Tag Revue passieren ließen, riss uns ein ohrenbetäubender Lärm und eine schier unmenschliche Vibration aus dem Schlaf. Der ganze Ernst zitterte und dröhnte von etwas, das man persischen Techno nennen könnte. Wer glaubt, dass es keine jugendliche Autotuningszene im Iran gibt, weil hier ja alles so streng religiös und staatlich überwacht zugeht, der irrt gewaltig. Denn direkt neben uns zeigte ein Kleinwagen, dass man auch ein komplettes Auto in einen Resonanzkörper aller erster Güte verwandeln kann. Die campenden Familien waren allerdings wirklich weg, der Tausch war aber kein besonders guter. Wie Keanu Reaves in Mission Impossible glitten wir, so elegant wie Baumschlangen, vom Bett auf die Fahrersitze und nahmen Reißaus. Okay, fast so elegant zumindest. Als Dank für dieses freundliche akustische Wecken haben wir eine klitzekleine Rauchwolke aus Ernsts Auspuff hinterlassen und uns in den nächsten ruhigen Straßenabschnitt verkrümelt.

Die nächsten Tage hieß es nun Strecke machen und dabei möglichst viel vom Land zu Gesicht bekommen. Die tollen Erfahrungen der letzten Wochen setzten sich auch im Nordosten des Landes fort. Überall wo wir hinkamen wurden wir freundlichst begrüßt, wir wurden an tolle Orte geleitet, die wir uns unbedingt angucken mussten, wurden mit Lebensmitteln überhäuft… also ganz normales iranisches Verhalten, das wir hier nicht einmal annähernd wiedergeben, noch würdigen können. Wir waren einfach überwältigt.

Habt ihr schon einmal vom Cloud Forrest gehört? Es gibt da sicher mehrere Gegenden auf der Welt wo man den Nebel in den Wäldern unter sich aufsteigen sehen kann, aber so einen Ort zu finden, der direkt am Rande einer Wüstensteppe liegt, ist wohl doch was Besonderes. Über holprige Schotterstrecken bahnten wir uns unseren Weg hinauf in diesen kleinen Nationalpark, und plötzlich drehte sich die Welt auf den Kopf. Wo sonst dichte Wälder den Fuß eines Berges säumen und der Gipfel kahl erscheint, war es hier genau anders herum. Dichte, mit Tau besetzte Flechten hingen von den Bäumen herab, bunt blühende Stauden reihten sich an den Wegen auf. Überall ein Duft von frischen Kräutern wie auf einer Bayrischen Alm.

Ein sehr freundlicher junger Iraner stoppte uns unerwartet und erklärte uns mit Händen und Füßen, dass wir unseren Weg durch dieses kleine Gebirge lieber nicht fortsetzen sollten. Den Grund zeigte er uns lieber direkt und stiefelte mit uns um die nächsten Kurven. Ja, er hatte Recht, selbst ein richtiger Offroader hätte mit diesen ‚Straßen‘ seine Schwierigkeiten gehabt. Also blieben wir wo wir waren, nutzen die gewonnene Zeit für einen Waschtag, genossen die Aussicht und tranken Thymiantee mit unserem neuen Bekannten. Und endlich haben wir es mal geschafft einen Iraner zu uns einzuladen. Auch wenn er sich vielleicht etwas überrumpelt fühlte, als ihm ein Teller dampfender Eintopf vor die Nase gestellt wurde, gewehrte hat er sich immerhin nicht. Ein Erfolg auf der ganzen Linie.

Eine der bemerkenswertesten Bekanntschaften unserer ganzen Reise machten wir auch auf diesem Berg, allerdings war uns die Tragweite zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal ansatzweise bewusst. Ein alter Nissan Petrol, besetzt mit zwei jungen Männern und zwei jungen Frauen hielt an unserem improvisierten Campingplatz. Begeistert wurde sich unsere Geschichte angehört, das Auto unter die Lupe genommen, ein Freundschaftsarrak getrunken, unser Sticker auf den Nissan geklebt und die Telefonnummern ausgetauscht. Alles in allem keine 30 Minuten. Es wirkte wie eine der vielen kurzweiligen Begegnungen, aber man merkte schon, dass Omid jemand besonderes ist. Im nächsten Bericht erfahrt ihr dann auch, was ihn dazu macht.

Jubel, Trubel, Heiterkeit

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Auf dem Weg nach Teheran versuchten wir nun noch eine Nacht einen Platz zu finden, der einigermaßen ungestört und weg von der Zivilisation war. Aber zwischen der Hauptstadt Teheran und der weiteren Metropole Karaj etwas zu finden, ist uqasi fast unmöglich. Wir bogen links in Feldwege, versuchten es in Industriegebieten und auf Schotterwegen. Nichts funktionierte. Überall waren entweder Häuser, Menschen oder „Alles verboten“ Schilder. Fast hoffnungslos bogen wir in eine Straße die zu einem Steinbruch führte. Unsere letzte Hoffnung.An ein paar Häusern, die wenig einladend aussahen, vorbei und wir kamen an ein einsames Gehöft. Es sah aus wie eine kleine Farm. Eigentlich wollten wir hier nicht bleiben, aber es wurde schon langsam dunkel und wir mussten uns entscheiden. Wir suchten uns also ein kleines Eckchen an einem Wasserbecken. Und gerade als wir den Motor ausgemacht hatten, kamen die Besitzer des Hofes aus ihrem Tor. So ein Mist dachten wir. Entgegen unseres Gefühls, gingen wir positiv auf sie zu und fragten (wie wir ja gelernt hatten), ob es für sie ok sei, dass wir die Nacht hier in der Nähe ihres Grundstücks stehen würden. Der jüngere Mann sprach Englisch und stellte sich als Reza vor. Ich dachte nur bei mir: Och nö, so wie mein Masterarbeitsbetreuer! Aber dieser Reza war unglaublich nett und erlaubte uns nicht vor seinem Gehöft zu stehen, sondern zwang uns gerade zu, dass wir uns auf den Hof stellen sollten. Erstaunlich für uns, da er gerade dabei mitsamt Vater und eines Arbeiters ins Auto zu steigen und nach Hause in die Stadt zu fahren. Wir lehnten mehrmals ab, aber konnten uns dann sozusagen nicht mehr erwehren und parkten um. Er zeigt uns die Toilette und schloss den Bungalow für uns auf. Wir dürften alles benutzten und sollten doch drinnen schlafen, draußen wäre es doch so kalt. Wir lehnten wieder mehrmals ab, aber wie konnten wir nur? Reza war so unglaublich freundlich! In der Zwischenzeit hatte der fast ins Auto gestiegene Arbeiter schon ein paar Holzscheite genommen und im Bungalow ein Feuer angezündet. Die drei verabschiedeten sich und schwupp waren wir alleine auf einer iranischen Farm, durften ins Haus, wo das Feuer schon für uns brannte. Wir dachten, mehr geht nicht, das ist Gastfreundschaft wie wir sie uns in Deutschland unmöglich vorstellen können. Doch nach einer Stunde kam Reza wieder, seine Freundin Mary im Schlepptau und mit mehreren Tüten. Nun wurden wir verpflegt. Widerstand zwecklos. Er spießte ein paar Lammteile auf, Mary breitete die Decke vor dem Feuer aus und es wurde Brot, Jogurtsoße und Chips geöffnet. Dazu gab’s natürlich Arrak. Wir erzählten und schlemmten den ganzen Abend. Dabei erfuhren wir, dass Reza tatsächlich nur über englische/amerikanische Filme englisch gelernt hatte. Keinerlei Unterricht oder ähnliches, einfach durchs gucken. Wir waren geplättet. So viel Lernwillen und dann auch noch so gut sprechen zu können, einfach WOW. Am Ende des Abends waren wir alle gut gesättigt und Martin und ich mehr als nur leicht angesäuselt und wir zwei plumpsten ins Bett, während Reza und Mary sich wieder auf in die Stadt machten. Am nächsten Morgen konnten wir immer noch nicht fassen, was uns am vorigen Tag widerfahren war.

Noch in Teheran besuchten wir unsere neu gewonnenen Campingfreunde und wurden -zack- zur Familie eingeladen. Da standen wir nun, konnten und wollten nicht nein sagen, aber zu einer iranischer Großfamilie zu gehen ohne irgendwelche Verhaltensregeln zu kennen oder eine gemeinsame Sprache zu haben, würde doch an Martin’s und meine Grenzen stoßen. Aber hey, dazu waren wir doch unterwegs. Also rein ins Getümmel! Wir besuchten also Davoud und standen vor dem Anwesen seiner Familie. Ein mehrstöckiges Haus mit Laden, Werkstatt und Wohnräumen. Wir bekamen eine kleinere Führung durch den Laden und die Werkstatt wo etliche Mitarbeiter Bronzekronleuchter und -dekorationen herstellten. Der Hit im Iran, je prunkvoller, desto besser. Im Anschluss ging es hinauf ins Wohnzimmer. Im Iran haben wohlhabende Familie immer zwei Wohnzimmer. Eines für den Alltag und eines für besondere Anlässe. Wir waren also ein besonderer Anlass. Wir traten in einen riesengroßen Raum, in dem an sich nichts weiter war als viele Stühle, die vor den Wänden standen. Diese waren natürlich golden und mit schönstem Brokat bezogen. Wir trauten uns kaum darauf zu setzen. Uns empfing dort die Frau des Hauses, Davouds Mama. Conny reichte ihr die Hand und verneigte sich freundlich. Kurze Zeit später trafen die Schwestern mit Ehemännern und Kindern sowie der etwas zu lässige Bruder ein. Die Freude über ausländische Gäste war übergroß und Davoud übersetzte wie wild zwischen allen Beteiligten von Farsi auf Englisch und wieder zurück. Dann kam Martin dran mit der Begrüßung und reichte der Mama die Hand, die sie entschlossen nahm und schüttelte. Schallendes Gelächter aus allen Ecken des Raumes. Verwunderte Blicke unsererseits. Unser Freund klärte auf: „Iranische Frauen geben einem fremden Mann (alle außer Ehemänner) niemals die Hand.“ Martin war somit der erste und lief vor lauter Scham, Gelächter, und Raumtemperatur leicht rötlich an. Die Familie war aber unglaublich freundlich, aufgeschlossen und fröhlich, sodass das als kleiner Scherz am Rande verstanden wurde. Der Abend ging weiter mit wilden Gesprächen von einem zum anderen, tausenden Fragen an uns und Davouds Übersetzungskünsten. Manchmal tat er uns schon leid, weil er kaum eine Pause bekam.

Wir saßen dort und erzählten bis tief in die Nacht und am Ende des Abends nahm uns der Papa noch in die Familie auf. Dabei sagte er so wundervolle Worte, dass wir eventuell ein bis zwei Tränchen in den Augen hatten. Gegen vier Uhr morgens konnten wir uns unter Protest loseisen. Uns wurde das Gästezimmer angeboten doch wir bestanden auf unseren Ernst, da ja auch Laika noch dabei war. Die Eltern hatten uns so sehr ins Herz geschlossen, dass sie (obwohl Hunde unrein gelten ihrem Glauben) bereit waren, dass der Hund mit ins Haus dürfe. Wir schätzen dieses Angebot sehr, doch konnten wir uns darauf verständigen, dass wir mit Ernst in deren Garten übernachteten. Wir wurden dorthin eskortiert, aber nicht nur von unserem Freund, nein die ganze Familie (die noch wach war um vier Uhr morgens) setzte sich in zwei Autos und begleitete uns dorthin. Wir wurden für den nächsten Tag noch zum Mittagessen eingeladen, aber wir wussten schon, dass wir dann den ganzen Tag dort verbringen würden, also einigten wir uns auf ein Frühstück. Leider ging der Plan nicht auf, die Eltern die Uhrzeit entscheiden zu lassen und so saßen wir am nächsten Tag um acht Uhr morgens (ja, nur vier Stunden später) auf einer Picknickdecke zwischen Wildrosen und anderen wunderbar duftenden Blumen mit Davoud und seinen Eltern und ließen diesen wunderbaren Tag beginnen.

Wir bedankten uns noch eintausendmal für die freundliche Aufnahme in die Familie und den Abend und bekamen daraufhin prompt noch einen Begleitservice zu einer Autowerkstatt. Davoud’s Mama schloss im Ernst Freundschaft mit Laika, obwohl sie eigentlich sehr viel Respekt vor Hunden hat und sie und Conny erzählten mit Gesten und Handyfotos. Gegen nachmittags waren wir dann abfahrbereit Richtung Teheran Innenstadt. Wir durften aber nicht eher los, bis die Mama unserem Fluffi noch ein kleines, selbstgemachtes Kissen geschenkt hat. Martin uns ich waren am Kreischen vor Niedlichkeit!

Wir fuhren mit Davoud nach Teheran und er zeigte uns den Niavaran Palast, wo die Königsfamilie vor der Revolution vor 40 Jahren lebte. Wunderschön, modern und trotzdem königlich!

Wir ließen den Abend mit ihm und einer Freundin bei einem Essen am Darband ausklingen. Dazu stiegen wir eine sehr lange Treppe zu einem Berg hinauf. Seitlich war jeder Meter dieses Weges gesäumt von Restaurants mit allerlei Köstlichkeiten. Neben dem Fluss, über dem Fluss, in dem Fluss der durch die Schlucht floss, standen diese großen Teppichsofas, kleine Plateaus, ausgelegt mit einem Teppich, auf denen man gemeinsam sitzt und isst. Wir gingen ungefähr einen Kilometer bergan, bis es weniger Touristen gab und suchten uns eines der Restaurants aus. Wir bestellten Ab-Goosht, ein persisches Nationalgericht, von dem wir hörten, dass man dazu eine Anleitung bräuchte, um es zu essen. Zum Glück hatten wir ja Iraner dabei, die uns alles erklärten. Im Prinzip ist es eine Art Gulasch, serviert in einem Steintopf. Zuerst gießt man die Flüssigkeit aus in seine Schüssel und zerstampft dann mit einer Art mitgeliefertem Stößel die Festbestandteile, die im Steintöpfchen verbleiben. Es ist richtig lecker, aber selbst würde man wohl nie auf die Idee kommen, es so zu essen.

Die iranische Hauptstadt besuchten wir eigentlich wegen zweierlei Dingen. Einerseits wegen der Visumsbeantragung für Turkmenistan und andererseits um mal wieder eine Werkstatt zu finden. Besonders der erste Teil war extrem wichtig, da wir ohne Turkmenistanvisum einen ziemlich großen Umweg um das Kaspische Meer hätten machen müssen und wir uns zudem ziemlich hätten beeilen müssen, aus dem Iran wieder herauszukommen, denn unser Visum galt nur für vier Wochen, das Land ist groß und Ernst, na ihr wisst ja 😉 Also hieß es pünktlich an der Botschaft stehen und auf Audienz warten. Ja es war wirklich so. Die Botschaft befand sich in einer Stadtvilla, vor der schon einige Menschen warteten. Hereingelassen wurde aber niemand. Aber für uns nicht schlimm so konnten wir uns kurz mit Ursel und Janosch unterhalten, die wir vor der Botschaft trafen und in die gleiche Richtung wollten. Die Welt der Weltreisenden ist sehr klein! Man trifft sie alle entweder vor den Botschaften oder im Waschsalon wieder 🙂 Nach Belieben wurde nun eine Luke an der Seite des Hauses geöffnet und man konnte, wie auf einem Beichtstuhl kniend, sein Anliegen vortragen. Dass draußen eine Hauptverkehrsstraße war und man drinnen nur im Flüsterton mit einem sprach, half nicht unbedingt. Wie die Eichhörnchen hockten wir also nun vor der Luke, in der Hoffnung wenigstens ein paar Worte verstehen zu können. Nun ja. Glücklicherweise hatten wir uns schon vorher informiert, und wir wussten, was wir ausfüllen mussten und wie lange es ungefähr dauerte. Wir vermuteten dass der Herr so etwas wie Tuesday sagte und gingen kopfschüttelnd davon. Am Dienstag darauf riefen wir dann eine ominöse Nummer an, sagten unsere ominöse Nummer, nachdem eine Bandansage auch etwas ominöses gesagt hatten. Und siehe da, wir wurden zu jemand Ominösem persönlich verbunden, den wir nochmal zurückrufen sollten. Aber nach einigen hin- und her- sagte er uns dass unser Visum bereit sei und wir es abholen könnten. Puh, da hatte ja doch noch alles geklappt. Die Tage des Wartens verbrachten wir zwischen Teheran und Maschhad, denn in letzterem war es möglich das Visum abzuholen. Doch mehr davon, beim nächsten Mal.

Weiter entlang der Straßen im Iran

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Nachdem wir uns schmerzlich von unseren neu gewonnen Freunden verabschieden mussten, ging unsere (langsame) Reise weiter vom Kaspischen Meer Richtung Süden. Unser Ziel war Teheran, um dort die Turkmenische Botschaft zu besuchen, zwecks Visumerwerb, aber dazu später mehr. Wir verließen das Spaßparadies Rudsar und kämpften uns erst Richtung Ost und dann weiter in die Berge vor. Bei Erreichen der Dunkelheit versuchten wir uns ein ruhiges Plätzchen zu suchen, aber das ist im Norden des Iran nicht so einfach. Wie wir bereits schrieben ist alles voll mit Reis-, Tee-, Orangen- oder anderweitigen -plantagen und kaum ein Fleckchen ist unbewirtschaftet. Dennoch konnten wir einen kleinen Weg hinter einer Orangenplantage finden und quetschten uns so unauffällig wie möglich mit Ernst in eine kleine Parkbucht. Die Nacht verlief ungewohnt ruhig und wir hatten am Morgen eine wunderbaren Ausblick über das Tal und die Plantagen. Als wir gerade gemütlich gefrühstückt hatten, klopfte es an der Tür. Tür auf, drei Männer in einem Auto und einem Moped. „Hello, Sir, good morning! How can we help you?“ war natürlich wieder unsere erste freundliche Reaktion. Es stellte sich heraus, dass es der Dorfscheriff mit Assistenz und einem Dolmetscher war. Der mopedfahrende Übersetzer war wohl der Einzige dem sie habhaft werden konnten im Dorf, der wenigstens ein paar Worte Englisch sprach. Und so versuchten wir abermals mit Händen und Füßen klar zu machen, wer wir sind, woher wir kommen und dass wir absolut harmlos sind und eigentlich auch gleich aufbrechen wollten. Der Dorfscheriff verstand, kontrollierte trotzdem unsere Papiere samt Visum, war dabei aber unglaublich freundlich und wünschte uns nach 10 Minuten Geplänkel mit Händen und Füßen eine gute Reise und gab uns noch seine Telefonnummer, für den Fall, dass wir Probleme irgendwo hätten. Wir bedankten uns und packten unsere Sachen mit Ziel Teheran. Aber keine fünf Minuten später knatterte das Moped wieder und der Übersetzer kam mit einem riesengroßen Beutel Orangen vorbei, die er uns schenkte. Natürlich lehnten wir natürlich höflicherweise ab (mindestens dreimal im Iran, bevor man dann tatsächlich etwas annimmt) und nahmen sie dann dankend an. Wieder waren wir überrascht von dieser unglaublichen Gastfreundschaft und Höflichkeit! Wir gaben ihm noch unsere Internetadresse samt Facebook und Instagramaccount und bedankten uns nochmals. Der Hund wurde nochmal entleert und dann wollten wir den Motor starten, doch da kam der Übersetzer erneut und schenkte und eine kleine Tee- und eine Orangenpflanze im Topf. Wir wussten gar nicht was wir sagen sollten! Wir adoptierten sie natürlich und seither sind die zwei unser ständigen Begleiter. Wenn wir irgendwo stehen und es regnet, dürfen sie raus zum spielen und steigen wieder ein wenn es weitergeht. Mit den vielen Geschenken ging es aber nun wirklich weiter Richtung Teheran. Gerade auf der asphaltierten Straße angekommen, vibriert das Telefon. Unser Übersetzer hat sich extra für uns einen Instagramaccount erstellt und uns gelikt. Er schrieb, dass er traurig wäre, dass wir schon weg sind, er wollte uns noch Brot und Honig bringen. Martin und ich fingen beinah an zu weinen, da wir diese unglaubliche Herzlichkeit kaum fassen konnten. Und noch immer schreiben wir mit Esmail! Dankeschön!

Wie ihr vielleicht an unsere Anekdoten seht, schlossen wir das Land immer mehr ins Herz. Und das aufgrund seiner wunderbaren Menschen. Diese Herzlichkeit mit der Unbekannten begegnet wurde und diese absolute Ehrlichkeit dabei hat uns umgehauen. Wir sagten uns an diesem Tag, dass wir diese Eigenschaften unbedingt annehmen und weitertragen wollten.

Unser weiterer Weg führte entlang einer wunderbaren Straße voller Kurven (Sorry an die Leute hinter uns, also alle mindestens 1000, für die bestimmt drei Stunden Verzögerung. Ernst ist sich seiner Schuld bewusst!). Aber die wundervolle Landschaft war es wert. Wir übernachteten an einem See (Valasht Lake), so blau, dass er schon bei schlechtem Licht und ohne Sonne so aussieht, als wäre er gephotoshopped worden. Seht selbst:

Diese Nacht wurden wir sogar nicht gestört, sondern verbrachten sie in trauer Dreisamkeit. Am nächsten Tag erreichten wir Teheran und waren erstaunt, wie groß diese Stadt ist. Nach kurzer Internetrecherche fanden wir raus, dass dort über acht (in Zahlen: 8) Millionen Menschen leben. Geliebtes Berlin, du Dorf! Mit Ernst dort durchzunavigieren war wieder eine nervenaufreibende Sache, aber ging doch einigermaßen glatt. Unsere wichtigsten Ziele in Teheran: Die Turkmenische Botschaft und wieder mal ein Werkstattbesuch. Aber dazu im nächsten Beitrag mehr.

 

Ein Volk, in dem man sich irren kann

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Es gibt im Iran mehr zu beachten, als ein Kopftuch zu tragen. Etwas, was auf den zweiten Blick auch sehr offensichtlich ist, aber dennoch wenig bekannt. Die teilweise vernichtenden Blicke der stark verhüllten Frauen und die etwas zu freundlichen Augenkontakte der Herren lösten sich erst damit auf, als uns eine Dame ansprach und uns über Ihren Mann am Telefon erklären ließ, dass man als Frau auch den Po verhüllen muss, zweilagig. Wir haben uns schon über uns selbst geärgert, dass sowas Einfaches durch unsere Planung gerutscht war, denn in Ernsts Kleiderschrank war für diesen Zweck rein gar nichts zu finden. Aber wir hatten ja genügend US-Dollar dabei, die wurden ja in allen Reiseführern und Webseiten empfohlen. Das Iranische Finanzsystem ist eigenständig und man kann weder bei Banken, noch Geldautomaten an Geld kommen. Vom Einsatz der Visakarte brauchen wir gar nicht erst anfangen. Nun ja, und hier kam jetzt die Überraschung…

Am Tag unserer Einreise hat die Regierung das Wechseln von US-Dollar in allen Banken, Wechselstuben, etc. untersagt, um sich vor der Inflation zu schützen. So dumm wie in dem Moment, in dem uns der freundliche Banker darüber aufklärte, haben wir die ganze Reise noch nicht aus der Wäsche geguckt. Was nun? Umkehren nach Baku? Das könnte mit dem Rest der an der Grenze getauschten 100$ grade noch klappen. Immerhin ist der Sprit ja fast gratis… aber es sollte ja schon noch weiter gehen. Der Umweg über die Fähre nach Kasachstan war uns auch keine beliebte Option, und der Iran ist ja auch eines der Highlights unserer Reise. Dann nur fünf Tage im Land gewesen zu sein, wäre auch nix Halbes und nix Ganzes. Nach viel Gejammer wurden uns doch noch 100$ in der Bank gewechselt, mit denen wollten wir es bis nach Teheran schaffen und dort an der Botschaft um Hilfe ersuchen. Doch soweit kamen wir nicht.

Nicht weil mal wieder was kaputt ging, sondern weil uns jetzt die volle Wucht der iranischen Hilfsbereitschaft traf. An einer Tankstelle sprach uns ein junges Pärchen an, völlig begeistert von Ernst und unserer Reise. Sofort wurde alles in die Wege geleitet für uns Geld zu tauschen. Keine 30 Minuten später traten wir mit einer Plastiktüte voll Bargeld aus einer Bank. Ja, die Inflation schreitet wirklich schnell voran.

Doch ich sprach ja von Gastfreundschaft…Wie selbstverständlich wurde wir eingeladen uns den beiden und deren Gruppe von Couchsurfern über’s Wochenende zum Campen anzuschließen. Es ging hoch in die grünen Berge, weit ab von größeren Ortschaften, nebst einer winzigen Ortschaft. Hier standen schon mindestens 20 Zelte, voll besetzt mit freundlichen Gesichtern die alle begierig darauf waren zu erfahren, wer sich da von weit her in Ihre Mitte drängt. Was uns direkt als erstes in Auge stach… keine Kopftücher. Mitten im Wald, weg von neugierigen Blicken des Staates, waren die Menschen so wie sie sein wollten.

Viele Gespräche drehten sich darum wie es früher einmal war, als von 40 Jahren die Frauen noch in Miniröcken durch die Straßen gingen. Wo der Glaube nicht geherrscht hat. Ein richtiges Kribbeln lag in der Luft, man konnte fühlen, dass jeder hier sich eine Veränderung wünscht, aber auch, dass die Dinge, die man sich im Rest der Welt über den Iran erzählt einfach nichts mit dem Volk zu tun haben. Die halbe Nacht hindurch hatten wir viele tolle Gespräche und konnten das erste Mal etwas hinter die Kulissen blicken. Dort steht ein sehr stolzes, gebildetes, fleißiges und cleveres Volk, das nur auf seine Chance wartet der Welt zu beweisen, wer sie wirklich sind.

Diese traumhaften Berge verließen wir nur sehr ungern, aber unsere neuen Freunde wollten uns einfach mehr von Ihrem Land zeigen, daher ging es nach dem Campingaufenthalt wieder ab an die Küste des kaspischen Meeres. Hier schieden sich dann allerdings die Geister was man als schön empfinden darf, denn ein schöner Strand bedeutete für uns nicht unbedingt, dass man direkt an der Wasserlinie mit lauter Musik die Halbstarken in ihren Autos auf- und abfahren sieht. Auch nicht unbedingt, dass Motorglider mit waghalsigen Manövern über unsere Köpfe flogen… Aber wie gesagt, Geschmäcker sind verschieden. Das Prozedere um Schwimmen zu gehen war uns auch etwas zu umständlich, denn in Badekleidung vom Strand ins Meer kann man als Frau in aller Öffentlichkeit natürlich nicht gehen. Stattdessen kann man sich aber ein Boot mieten, das einen ein paar hundert Meter aufs Meer hinaus fährt, von wo man unbeobachtet baden gehen kann. Gut, dass das Wasser eh zu kalt war…

Terror, Bomben, Zerstörung – der Iran

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Nach einem relativ kurzen aber umständlichen Grenzübergang waren wir also da: der Iran. So viel hatten wir vorher schon gehört, nun waren wir gespannt wie die Flitzebogen, was uns erwarten würde. Was uns zu allererst erwartete: Conny und der Hijab. Es war also Zeit, ein Kopftuch umzulegen. Ich bevorzugte einen dünnen Schal einfach um den Kopf gewickelt. Dieses Kopftuch brachte verschiedene Gefühlsphasen mit sich. Anfangs hielt sich ein „Eigentlich sieht es ganz hübsch aus, es macht die Frauen unglaublich interessant.“, gefolgt von einem „Hmpf, mir juckt der Kopf“ und über ein „Warum rutscht das immer so?“ zu einem „Was für ein Mist, es stört beim Wandern, man kann damit nicht unterm Auto liegen und schrauben und überhaupt, wer hat sich das ausgedacht?“ bis irgendwann zu einem „Arrrgh, was für ein Scheiß!“

Also mit Kopftuch tauchten wir ein in dieses geheimnisvolle Land. Die erste Stadt, Astara, ließen wir nach einem kurzen Sim-Karten-Kauf mit Abgabe der Fingerabdrücke schnell wieder hinter uns und fuhren an der azerbaijanischen Grenze gen Westen. Was schon im vorherigen Land begann, nämlich wieder Vegetation, ging hier endlich weiter. Wir fuhren in vielen Kurven die Berge hinauf und um jede Ecke wurde es grüner. Wahnsinn, wie man sich über Büsche, Bäume, Sträucher und einfach nur grün freuen kann! Während des Fahrens wurden wir mit wunderschönen Blicken über das kaspischen Meer, nach Azerbaijan und in die Berge belohnt.

Das Hochgefühl machten die vielen freundlich grüßenden und hupenden Autofahrer komplett. Wir passierten den Gebirgsstreifen am kaspischen Meer und da war es plötzlich wieder: viel Nichts. Vor uns eröffnete sich eine ziemlich große, ziemlich vegetationslose und ziemlich platte Hochebene. Wir fuhren über Ardabil um zu den nächsten Bergen zu kommen. Die Straßen wurden wieder schmaler, die Kreisverkehre, deren Regeln noch sehr unverständlich waren, wieder leerer und die Luft kühler. Waren es unter am kaspischen Meer noch schwüle 24 Grad, waren wir jetzt grade wieder am Gefrierpunkt. Und das innerhalb weniger Stunden. Eine Kurve noch und dann: alles weiß! Aber kein Schnee, sondern gefrorene Luftfeuchtigkeit. Alles war mit einer dicken Eisschicht umgeben, Die Bäume bogen sich unter der Last und man hörte dieses leise Knistern.

Wir suchten uns ein einsames Plätzchen und verbrachten dort die Nacht. Am nächsten Morgen kam die nächste Überraschung. Eis weg und darunter alles grün. Der Frühling war endlich da! Mit Kopftuch, Frühlingsgefühlen und endlich aufgeladener Simkarte ging es nun wieder Richtung Südost. Zurück über Ardabil Richtung eines großen Naturschutzgebietes. Es hieß zum ersten Mal tanken. Wir hatte vorher gehört, Diesel solle im Iran für Touristen schwierig zu bekommen sein. Nun gut, ran an die Tanke, Hände und Füße zur Kommunikation bereitmachen und probieren. Ohne Probleme steckte der Tankwart die benötigte Karte in den Automaten und der Ernst bekam den Tank voll. Bisher lief doch alles in diesem Land am Schnürchen! Also den Ernsti angeworfen und weiter geht’s nach Süden Richt…. Tröööööööööööööt! Das Geräusch war neu.

Poleposition Baku

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Nein, wir sind nicht selbst geparaglidet / parageglidet / para-geglitten. Die Paraglider waren alle bereits zu Hause, wir hatten uns für eine einsame Nacht in der Natur entschieden. An einem dieser Plätze waren wir nur auf große Distanz (3-4 km) von der Straße zu sehen. Doch wir wurden entdeckt. Eine fröhliche Truppe mittelalter Männer kam mit lauter Musik in ihrem Auto den Hügel hinauf, mit breitem Lächeln wurden wir im Land willkommen geheißen, es wurde zehn Minuten geklönt, schon war das Spektakel vorüber. Dachten wir. Keine Stunde später sahen wir schon aus der Ferne dasselbe Auto anrollen. Diesmal waren sie vorbereitet. Es wurde Bier ausgeladen, ein Hühnchen auf Spieße gesteckt, Feuerholz gehackt, Tomaten aufgeschnitten, kurzum, wir wurden urplötzlich bei uns zu Hause zum Grillen eingeladen. Nach einer halben Flasche Wodka und unserem eisernen Vorrat an Amarula hatten wir Emil und seine Freunde zu tiefst ins Herz geschlossen. Leider verpassten wir uns die nächsten Tage immer wieder, in Kontakt bleiben wir aber dennoch.

Wir wechselten abermals von der Natur in unseren ‚geliebten‘ Stadtpark. Aber nicht, ohne uns vorher nochmal die Stadt selbst anzuschauen. Ellenlange Promenaden verleihen Baku den Flair des kubanischen Malecon. Alles war wunderbarst aufgeräumt und sauber. So konnten wir zu dritt ein wenig flanieren und uns den Sonnenuntergang hinter den Flame Towers anschauen.

Bei diesen vielen Stadtspaziergängen, die eigentlich so gar nicht Laikas Fall sind, kam sie dennoch auf ihre Kosten. Denn Hunde, die als Haustiere gehalten werden, sind hier zwar grundsätzlich nicht unbekannt, aber offenbar doch sehr unüblich. So ist Laika jetzt der Star auf vielen Handybildschirmen der Azerbaijaner. Mitunter stande eine Traube von 10-12 Menschen um uns herum und war total interessiert an unserem Wuff. Für viele Menschen war Sie sogar der erste Hund, den Sie jemals gestreichelt haben. Sie ist eben nicht nur eine kleine Prinzessin, sondern auch die Botschafterin der Hunde.

Aber nicht nur fesche Promenaden, neueste Architektur und Altstadt gab es zu bestaunen, sondern auch der Grund des Reichtums des Landes. Öl. Aus Deutschland kennen wir hier und da mal eine Ölplattform auf See, doch was sich in dieser Stadt darbot, war der Hammer. Mitten in Wohngebieten, Parks, an der Promenade, innerhalb von Sportanlagen, ja überall gab es diese kleinen Öl-Pumpen. Es gab sogar eine Öl-Universität!

Also alleine für diesen Anblick lohnt sich der Besuch in Baku. Wir haben sogar herausgefunden (Achtung, jetzt lernt ihr was!), dass das Öl dort aus einer Tiefe von circa 500 m gefördert wird und die erste kommerzielle Ölbohrung dort gemacht wurde. Siehe Gerät hier.

Wie facettenreich die Stadt Baku eigentlich ist, kann man an jeder Ecke sehen. Als wir in Baku ankamen, wunderten wir uns über die aufgestellten Zäune an den Bürgersteigen, dachten uns aber noch nichts dabei. Andere Länder, andere Sitten…? Irgendwann, wir waren ja schließlich eine Weile dort, sahen wir, dass Werbung angebracht wurde. Es liefen also die Vorbereitungen für das Formel 1 Rennen. Wir kannten Baku nun inzwischen schon wie unsere Westentasche und ließen es uns nicht nehmen, die Strecke mal abzufahren. Ernst, die Rennsemmel, hat sich ganz gut geschlagen, mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 30km/h waren wir nur etwas langsamer als … alle.

Als dann endlich das Paket aus Deutschland eintraf, konnten wir uns kaum mehr zügeln nicht sofort mit Vollgas gen Süden zu eilen. Gut, dass wir uns bremsen konnten, denn ansonsten hätten wir den urwaldartigen Süden des Landes nicht in würdiger Erinnerung halten können. Wie schon gesagt, eine wirklich wunderschönes und abwechslungsreiches Land.

Einmal falsch abgebogen

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Also mal ganz ehrlich, was wisst Ihr von Azerbaijan? Bei uns hörte das Wissen über dieses kleine Land am Kaspischen Meer damit auf, dass es eben am Kaspischen Meer liegt, die hauptstadt Baku heißt und vor ein paar Jahren mal jemand aus diesem Land den Eurovision Song Contest gewonnen hat. Das für diese Veranstaltung, welche dann ja immer darauffolgend im Lande des Siegers stattfindet, dann extra eine Halle gebaut wurde, haben wir noch irgendwo am Rande mitbekommen, aber das war es dann irgendwie auch. Das Gute daran ist, dass wir wirklich alles andere als voreingenommen den Grenzübertritt wagten. Auf Georgischer Seite wünschte ein Schild noch „Good Luck“, wodurch man mit einem zwiespältigen Gefühl in die Kontrolle einfuhr. Glück brauchte es aber wirklich nicht. So einen Grenzübertritt hat wohl bisher noch kaum jemand erlebt, immerhin wurden wir von den Grenzbeamten zu Tee und Kuchen eingeladen, weil es leichte Verzögerungen mit unserem E-Visum gab. Viele freundliche Worte, persönliches Geleit zu den einzelnen Stationen und ebenfalls sehr freundliche und fröhliche Einheimische die an den Schaltern warteten, gaben uns einen Vorgeschmack auf eine vollkommen andere Mentalität.

Die Vielfältigkeit dieses Landes ist wieder einmal enorm, so ging es über Schotterpisten (98% der Straßen seien befestigt) durch große Hasel- und Walnusswälder, vorbei an den südlichen, kahlen Ausläufern des Kaukasus-Gebirges, hinein in eine Steppen- und Wüstenlandschaft. Wir wollten Natur sehen und das außergewöhnlichste was Aserbaidschan zu bieten hat, waren Schlammvulkane. Ja genau, Berge, die mit Matsch werfen! Herrlich. Gesagt, Route gesucht, gefahren, ernüchtert. Google Maps hat also an manchen Stellen doch Nachholfbedarf. Nicht nur, dass sie „Straße“ nur eine festgewordenen, rumpelige Matschpiste war, sie war auch noch unglaublich lang. Wir konnten 20 km dieser Piste nur in Schrittgeschwindigkeit fahren. Man hofft ja immer, und manchmal hat man recht damit, dass die Straße nach einer gewissen Zeit besser würde. Diesmal weit gefehlt.

Als wir unseren Vulkan schon fast sehen konnten, verhinderten Schlammpfützen, fehlende ‚Straßen‘ und Neigungswinkel jenseites der 30° ein Weiterkommen. Ein netter Schäfer kam zu uns und erklärte mit Händen und Füßen, dass es für uns hier nicht weiterging, es jedoch auf der anderen Seite des Berges einen Weg gäbe. Wir begutachteten diesen und stellten 30 cm tiefe Furchen fest. Unüberwindbar für Ernst? Naja, ihr kennt uns. Es kam also auf einen Versuch an. Martin am Steuer, Laika schlafend, Conny als Einweiser. Ging doch! Wir fuhren weiter und weiter an den Vulkan, dessen Durchmesser ungefähr einen Kilometer betragen haben muss. Kurz bevor es dunkel wurde, zog Nebel auf und unser Vulkan wurde unsichtbar. Wir suchten uns einen Platz zum Übernachten. Menschen oder Häuser gab es ja keine mehr hier und wir warteten den nächsten Morgen ab. Mist. Also immernoch Nebel. Den Vulkanspaziergang konnten wir uns klemmen. Wir würden weder zum Vulkan noch wieder zurückfinden. Also hieß es: Ab Richtung Zivilisation. Den gleichen Rumpelweg zurück? Oder doch das nehmen, was etwas mehr wie Weg aussah auf Google Maps, wo aber keine Straße beschrieben war? Nun ja, wir versuchten unser Glück auf dem neuen, unbekannten Weg. Der nächtliche Nebel und die hohe Luftfeuchtigkeit waren aber gegen uns. Der Weg war matschig, teilweise stand das Wasser wohl schon länger. Plötzlich war da soetwas wie ein Deich… Mit Sichtverhältnissen unter 10 m konnte man nun auch nicht sehr vorausschauend fahren oder überhaupt wissen wo es lang ging. Die meisten Matschlöcher überwanden wir trotzdem einfach mit viel Schwung und die ein oder andere Bodenwelle war auch etwas unsanft, aber wir konnten uns schließlich aus Matschnebelniemandsland befreien. Zwei Bergketten weiter wehte Wind der den Nebel davon, die Sonne kam zum Vorschein und das herrlichste Wetter überhaupt war zu sehen. Enttäuscht, den Vulkan verpasst zu haben, trotz dieser Fahrstrapazen, suchten wir uns den kürzesten Weg zu einer befestigten Straße. Und da war er auf einmal! Unser eigener kleiner Matschvulkan. Wir kletterten hinauf, Martin machte Fotos und Laika suhlte sich unglücklicherweise für alle Beteiligten in der Pampe. So hatte dieser Ausflug doch noch ein Happy End und Laika einen Stealthpanzer.

In jenem Wüstenteil, einer Halbinsel im Kaspischen Meer, wächst nun aber auch eine hochmoderne Metropole aus der alten Stadt Baku heraus. Immer abwechselnd mit alten großen Hochhäusern aus Sowjetzeiten entstehen hier immer mehr funkelnde Prachtbauten, des Nachts durch viele LEDs der ganzen Stadt ein glitzerndes Antlitz verleihend. Es sind zwei Welten die hier direkt nebeneinander entstehen, denn von der ganzen Pracht ist auf dem Land und in kleineren Städten wenig bis gar nichts zu sehen. Außer natürlich den riesigen Flaggen, die in diesem Teil der Erde einfach nirgends fehlen dürfen. Eigentlich wollten wir hier in Baku nur schnell das Visum für Usbekistan beantragen, die knappe Woche Bearbeitungszeit abwarten und dann weiter in den Iran… Aber ihr wisst ja, wie das mit Plänen so ist, denn nun kamen wieder unsere Radlager ins Spiel. Wir hatten einige Firmen gefunden, die auf Kugellager spezialisiert sind, das passende liefern konnte davon leider keine. Was sie aber konnten war, uns anzubieten etwas aus Deutschland zu deren Adresse schicken zu lassen. Uns wurde gesagt der Versand dauerte 3-5 Tage, und das passte super in den Zeitablauf. Dies war einer der Momente, wo man sich vor Dankbarkeit über seine tollen Freunde zu Hause überschlagen könnte, denn dort sprangen Marcel und Svenja sofort in Lüneburg ins Auto, brausten nach Hamburg, kauften in zwei Läden die benötigten Teile und schubsten diese noch am selben Tag, an dem wir um Hilfe baten, in die Post. Ganz lieben Dank nochmal! Okay, in Deutschland stand leider Ostern vor der Tür…muss man vielleicht der DHL zu Gute halten…aber aus den erhofften 3-5 Tagen wurden leider doch ganze zwei Wochen.

Wir verbrachten die meiste Zeit des Wartens in einem neu angelegten Stadtpark, direkt an der Küste. Wir standen offenbar sehr lange dort, denn an den öffentlichen Toiletten brauchten wir nach kurzer Zeit nicht mehr nur nicht bezahlen, nein, wir bekamen sogar Bonbons geschenkt und viele liebe Grüße der Gärtner und Landschaftspfleger begleiteten jeden Tag. Ungenutzt wollten wir diese Zeit natürlich nicht lassen, so wurde selbstverständlich auch der Norden des Landes mit den Candy Mountains und den weitläufigen Obstplantagen besucht, aber auch Ernst sollte seine Pflegeeinheit bekommen.

Da der Motor nach der ganzen Kraftstoffsache in Georgien ziemlich rumpelig klang, war der Besuch in einer Fachwerkstatt angesagt. Bosch Dieselservice Baku klang da genau richtig. Wie die Ameisen stürzten sich gleich vier Mechaniker auf Ernst‘s Herz. Sie horchten, schraubten, verstellten, überprüften und tauschten letztendlich sogar den kompletten Tankinhalt aus.

Eine Schulung, wie man schlechten Diesel erkennen kann, gab es auch noch, denn die Qualität ist hier wohl unter aller Kanone. Vor einigen Jahren sprach man sogar von bis zu 30% Wasser im Diesel. Über vier Stunden werkelte man so herum…, das schlechte Gefühl, nicht genug Bargeld dabei zu haben, wuchs stetig. Zu unrecht. Denn Reisenden muss man helfen, so will es die Kultur in diesem Land. So großzügig wie es hier ausgelegt wurde, ging es uns aber schon arg ans Herz und an die Tränendrüsen, denn Geld wollte man von uns absolut nicht annehmen. Unsere Dankbarkeit für diese Menschen wird Ihnen hoffentlich Lohn genug sein, denn derer können Sie sich gewiss sein.

Ungewisses Warten kann zu einer Qual werden. Tag um Tag verging im Stadtpark von Baku. Aber in unserem Fall war es eines Tages dann doch Glück, denn sonst hätten wir viele tolle Leute nicht getroffen, die auf Ihren Spaziergängen bei uns anhielten und sich freundlich und interessiert mit uns unterhielten. Ein ganz besonderer davon war Cavid. Ein unglaublich liebenswerter junger Ingenieur, der uns einlud, ihn und seine Freunde zum Paragliding in den naheliegenden Bergen zu begleiten. Da wir gerade einen ziemlich leeren Terminkalender hatten und gespannt wie die Flitzebogen waren, sagten wir zu. Diese Momente, an denen man wirklich in echten Kontakt mit den Menschen kommt, sind wohl der schönste Teil des Reisens. Wir verbrachten zwei tolle Ausflüge in der Abgeschiedenheit des südlichen Kaukasus mit der ganzen Truppe um Cavid, wurden direkt als dazugehörig akzeptiert und hatten viele lustige und interessante Gespräche. Ob wir uns getraut haben, selbst einmal abzuheben…?

Das ungewollte Wiedersehen

Die Zeit in Antalya war echt toll. Die Hilfsbereitschaft, die sicher den wirtschaftlichen Nutzen der Werkstätten bei Weitem übertraf, hat sich in unsere Herzen eingebrannt. Daher fiel es auch etwas schwer dieser Stadt den Rücken zuzukehren. Einige weitere Höhepunkte warteten noch im Westen der Metropole auf uns. Die Gesamte Landschaft ist zu dieser Jahreszeit einfach traumhaft schön. Noch nicht zu warm, aber trotzdem grün erhebt sich das Taurusgebirge aus dem Meer. An einem dieser Berge trafen wir Mattis wieder, den wir einen Tag beim Sportklettern begleiten durften. Wir beiden haben auch schon mal an Seilen an einer Felswand gehangen, aber die gesamte Atmosphäre dieses Klettercamps (Geyikbayiri) hat uns infiziert, und so wurde ein paar Tage darauf der Platz im Ernst wieder etwas reduziert durch ein wenig Ausrüstung für eigene Kletterausflüge.


Im Südwesten Antalyas finden sich wunderschöne Ruinen antiker Siedlungen und Städte, die einem eindrucksvoll die Größe und Fortschrittlichkeit der damaligen Völker demonstrieren. Prachtstraßen aus großen Steinplatten, beheizte Badehäuser und an den Hang gebaute Amphitheater lassen die meisten heutigen Bauwerke als kurzlebig erscheinen. Der Weg führte uns weiter südwärts, sich windende Küstenstraßen entlang, und alles ohne knackende Hinterachse. Das Ziel ist ein mystischer Ort an dem der griechische Held Bellerophon auf seinem geflügelte Pferd Pegasus die Chimera besiegt haben soll. Das feuerspeiende Monster soll seither hinter Felsen begraben liegen und noch immer brodelt sein Feuer an der Oberfläche. Dutzende kleine Gasflammen züngeln hier in Carali seit hunderten Jahren und lassen einen verstehen, dass man an diesen Mythos glauben kann. Praktischerweise werden am Fuße des Hügels auch Marshmallows verkauft.. über antikem Feuer geröstet schmecken die gleich mindestens doppelt so gut.


Die Weiterfahrt zurück Richtung Osten kam einher mit einem komischen Geräusch von der Hinterachse. Nein, nicht das Klacken, etwas neues, ein Brummen. Unser Rückweg führte eh wieder durch Antalya, also beschlossen wir unsere altbekannte Werkstatt wieder aufzusuchen. Unterwegs dorthin lief die Fehlersuche natürlich auf Hochtouren, und so konnte wir bei Ankunft direkt berichten, dass wohl das Kreuzgelenk der Antriebswelle den Geist aufzugeben versuchte. Ansich wird einem hier immer sofort geholfen. Termine scheint es gar nicht zu geben. First come, first serve. Leider waren wir nicht die ersten, daher wurden wir auf den folgenden Tag vertröstet. Und da uns ein wenig der Zeitdruck im Nacken saß und wir auch nicht das Gefühl hatten, der Schaden sei besonders akut, beschlossen wir weiter Richtung Alanya zu reisen. Unsere Ungeduld wurde bestraft. Nach nur ca. 40 km wurde das Geräusch so unglaublich laut, dass wir anhielten, uns zur nächstgelegenen Werkstatt durchfragten und dort den Schaden reparieren ließen. Aber warum war bloß die gesamte Achse so heiß, dass sogar das Spritzwasser darauf verdampft? Kurze Zeit später, weiter auf dem Weg nach Alanya hatten wir die Antwort. Das Kreuzgelenk war lediglich ein Teil des Problems. Irgendwas stimmte dort hinten noch immer nicht. Das reibende Geräusch von Metall auf Metall verursachte uns Gänsehaut, und so knirschten wir in Schrittgeschwindigkeit zurück zur Werkstatt. Obwohl eigentlich schon geschlossen, kam der Mechaniker schnell wieder angefahren und war sich nach kurzer Untersuchung recht sicher, dass das Differential beschädigt sein muss. Der Schock war groß, die Ungläubigkeit aber auch und trotzdem folgtem wir seinem Rat und setzten uns im Schneckentempo zurück nach Antalya zu einer uns gute bekannten Werkstatt für Differentialgetriebe fort. Nach nur 2 km endete diese Reise mit blockiertem Hinterrad am Straßenrand der Schnellstraße.


Vor dem Beginn unsere großen Fahrt wurden wir von unserem Chefmechaniker auf eine 1000 km Probefahrt geschickt. Auf dieser blieben wir mit geplatzem Kühlerschlauch liegen. Ein Umstand der uns genau jetzt zu gute kam, denn der damals herbeigerufene gelbe Engel überredete uns zu einer PLUS Mitgliedschaft beim ADAC um auch außerhalb von Deutschland Hilfe bekommen zu können. Und ganz ehrlich…das hat tadellos funktioniert. Ein Abschleppwagen mit Spezialausrüstung für blockierte Räder, der ein 3,40 Meter hohen Camper transportieren kann, in so kurzer Zeit zu uns zu schicken, war eine Meisterleistung. Und trotz des Wolkenbruchs der uns alle bis auf die Knochen durchnässte, während Ernst verladen wurde, blieb die Stimmung fröhlich und gelassen. Eine rasante Fahrt, viele Tunnel und Unterführungen umfahrend später bereiteten wir uns auf eine etwas andere Nacht vor, auf dem Betriebshof der alt bekannten Werkstatt. Ob wir jemals weiter nach Osten kommen als Antalya? Den Willen dazu haben wir zumindest noch nicht verloren.

Zwei Füße, vier Pfoten und ein kranker Ernst

Ich bin allein… also zum Glück nur fast… Laika ist mir geblieben. Der eigentliche Grund für unseren Umweg über Antalya waren die Flugverbindungen nach Berlin, denn Conny musste für ein paar Tage für die Beerdigungsfeier ihres Großvaters nochmal in die Heimat. Nach einem tränenreichen Abschied am Flughafen (ja, ich und Laika haben geweint) nahmen wir unsere sechs Beine in die Hand und gingen endlich dieses Hinterachsproblem an, jetzt war immerhin die perfekte Zeit um ausführliche Reparaturen anzugehen. Allerdings ist so ein Werkstattbesuch ohne Sprachkenntnisse doch eine Ecke komplizierter, als sich in einem Restaurant etwas zu essen zu bestellen. Auf gut Glück hatte ich mich für eine Firma an der Hauptstraße durch Antalya entschieden, wo nach viel warten und noch mehr Tee auch irgendwann der herbeigerufene Meister angefahren kam. Noch wirkte es sehr ungewohnt wie hier gearbeitet wurde, aber das war nur der Anfang.

Die Testfahrt um ihm das Problem zu schildern glich eher einer Ausfahrt mit einem Liebespaar im Fond, denn der Meister war mehr damit beschäftigt unseren Wauwau zu knuddeln als auf meine Fehlerbeschreibung zu achten… Niedlich aussehen kann also auch mal von Nachteil sein. Um ehrlich zu sein, hatte ich arge Zweifel, bei diesem Laden richtig aufgehoben zu sein. Doch ich hatte mich geirrt. Recht zielsicher wurden die beiden Radlager als Fehlerquelle benannt, die Steckachsen schneller ausgebaut als ich gucken konnte, und in den Kofferraum eines alten Mercedes verladen. Weg waren sie. Wohin? Keine Ahnung. Wohl auch um mich zu beruhigen, denn meine Unsicherheit sah man mir recht gut an, wurde ich mit an den Mittagstisch gebeten.

Hier ist man irgendwie Teil der Familie, sobald man Kunde ist. Kunde ist nicht König, sondern Onkel…könnte man sagen. Es ging irgendwie schneller als gedacht, denn kurz nach unserem gemeinsamen Mahl, war der Meister schon wieder damit beschäftigt die Achsen einzubauen. Das vorherige axiale Spiel war fast weg. Ein gutes Zeichen, aber ein trügerisches, denn die Testfahrt offenbarte, dass es zwar weniger knackte, aber weg war es nicht.

 

Wenn man bedenkt, wie schwer man sich schon zu Hause tut eine vertrauenswürdige Werkstatt zu finden, war es hier nicht wirklich leichter. Ich bin mir sicher, dass mir hier keiner etwas Böses wollte, aber dennoch fehlte das Vertrauen in die Kompetenz ein wenig. Zeit für den Joker. Uwe hatte uns auf der Fähre seine Hilfe angeboten…es wurde Zeit herauszufinden, ob es nur leere Worte waren. Selten war ich so positiv überrascht, denn es setzte sich gleich ein ganzer Apparat aus hilfsbereiten Menschen in Bewegung. Uwe aktivierte Lutz, Lutz Murat, und Murat seinen Bruder, und innerhalb kürzester Zeit hatte ich die Anschrift mit Fotos und Wegbeschreibung zu einer Werkstatt bei der mir sicher geholfen werden kann. Angekündigt war ich dort auch schon… Ich war begeistert. Und bei der Ankunft einfach überfordert.

 

 

Autoreparatur funktioniert in der Türkei anders als in Deutschland. Es sind nicht große Firmen, es sind Dörfer, oder besser ganze Stadtteile die wie ein Bienenstaat zusammenarbeiten. Jeder kann was besonders gut, so ist eine Werkstatt neben der anderen und jeder arbeitet mit jedem zusammen. Es gibt hier scheinbar keine Konkurrenz, denn jeder hilft mit seinem Fachwissen beim anderen aus. Wie das später abgerechnet wird ist mir schleierhaft. Durch dieses System aber ist jede Instandsetzung innerhalb kürzester Zeit erledigt, denn jede Fachkraft, jedes Werkzeug und auch fast jedes Ersatzteil ist in Rufweite und kommt auf Rollern, Handkarren oder zu Fuß herbeigeeilt, wenn man nur das richtige in die Straßen hinein ruft. So bin ich also bei dem Spezialisten für Differentiale gelandet. Und ohne Wartezeit wurde Ernst aufgebockt und das gesamte Differential der Hinterachse zerlegt.

Da die neuen Radlager das Problem nicht lösen konnten war meine Befürchtung diesbezüglich gewachsen, und so erhoffte ich mir hier die Klärung…Doch es waren wirklich die Radlager. Auch die neuen scheinen irgendwie nicht ganz korrekt verbaut worden zu sein. Ich war fast erleichtert, denn um an ein neues Differential zu kommen, hätte ich wohl auch hier über Leichen gehen müssen.

Also ab in eine andere Werkstatt, natürlich nach Empfehlungen von Uwe, Lutz und Murat… wo es denn nun hier die Radlager richtig einzubauen galt. Dass ich in der Differentialwerkstatt nur das neue Öl bezahlen brauchte, muss ich auch noch erwähnen, denn mein Problem konnte er schließlich nicht lösen, also kann er ja auch kein Geld von mir verlangen… Diese Art zu arbeiten kam mir so ungewohnt vor, dass ich wie benebelt in der nächsten Werkstatt ankam. Fast ironischerweise erreichte mich heute, wo ich diesen Bericht schreibe eine Rechnung aus der Heimat über die UNerfolgreiche Fehlersuche der Elektroanlage meines Hauses über ca. 300€… Es regt zumindest zum Nachdenken an.
Zeitweise saßen sieben Mechaniker nun um Ernst versammelt und beratschlagten mit vielen Gesten und lauten Worten, wie mir geholfen werden kann… Es wurden Distanzringe gedreht, nachjustiert und immer wieder überprüft… und letzten Endes waren klackern und wackeln verschwunden…Das ganze nach 2 ½ Tagen Arbeit und etwa 90 € Lohn und Materialkosten. Conny war auch per Taxi zurück… alles wieder gut. Oder sollten wir die Werkstatt nicht das letzte Mal gesehen haben?

Das türkische Griechenland

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Ja, wir waren frech. Trotz eindeutiger Internetinformationen welchen Grenzübergang man mit Haustieren zu nutzen habe, entschieden wir uns für eine Abkürzung. Wer will schon freiwillig 200 km extra fahren? Und es lief mal wieder wie am Schnürchen. Laika war lieb und niedlich (wir denken schon drüber nach ihr ein dementsprechendes Kommando anzutrainieren) und so endete die Befragung des Grenzbeamten nur mit: “Only one dog?“ und der Weg war frei in ein neues Land. Der Empfehlung unserer neuen Freunde folgend, Istanbul als Selbstfahrer zu vermeiden, peilten wir die Fähre bei Canakkale an, um über den Bosporus nach Süden zu gelangen. Unsere erste Nacht auf türkischem Boden wurde leider früh (22 Uhr) unterbrochen, denn wir hatten uns einen Schlafplatz nahe einer historischen Stätte des ersten Weltkrieges ausgesucht, an der das Campieren wohl nicht gestattet war. Zum Glück waren die beiden Ordnungshüter sehr freundlich und empfahlen uns Alternativen entlang der Straße. Also kurzerhand den Ernst wieder fahrbereit umrüsten und ab zu einem anderen Plätzchen (im Schlafanzug).


Dort fielen wir gleich am nächsten Morgen wieder negativ auf, denn es versteckte sich wohl eine Militäranlage hinter dem nahen Wäldchen, und in der Nähe solcher sind Fotografien, besonders per Drohne, verboten. Leider gibt es auch keine Karte wo die Militäranlagen verzeichnet sind, daher bleibt es immer ein kleines Glückspiel das fliegende Auge in die Luft zu bringen. Aber auch diese Polizisten waren angenehm freundlich und verständnisvoll. Um ehrlich zu sein, passte schon das so überhaupt nicht in unsere Vorstellungen der Türkei. Wir rechneten mit groben Menschen die eine grundlegend abwehrende Haltung an den Tag legen würden, aber überall schlug uns Freundlichkeit entgegen. War das noch nicht die echte Türkei? Kam das nur, weil wir in touristischen Gebieten unterwegs waren? Wir werden sehen. Auf der Fähre lernten wir noch Uwe und seine Frau kennen. Der deutsche CTO einer Firma für Windenergie gab uns reichlich Empfehlungen was Sehenswürdigkeiten angeht, und bat uns seine telefonische Hilfe an, falls es mal einer Übersetzung bedarf…Wie sehr wir diese noch benötigen würden, konnten wir uns aktuell noch nicht einmal vorstellen. Für unseren kleinen Wuff gab es bei der Überfahrt nichts Tolleres, als den umhersegelnden Möwen hinterher zu schauen und wohl in Gedanken jede Feder einzeln auszurupfen… aber sie beließ es bei den Gedanken daran.


Der weitere Weg gen Antalya war gesäumt von antiken Orten, die wir hier nicht so wirklich erwartet hatten. Teilweise wirkte es eher wie das, was wir von Griechenland erwartet hatten. Mit Orten wie Troja und Ephesos, lagen sogar absolute Highlights auf unserer Route. So wunderschön restauriert und ausführlich erklärt, war es ein leichtes sich vorzustellen über die Marmorböden der herrlichen Säulengänge zu damaliger Zeit zu flanieren. Ihr seht, es geht hier nicht nur um pures Vergnügen, sondern auch Kultur wird groß geschrieben.

Kleine Städte wie Selcuk mit ihrem Markt, der sich über den gesamten Ortskern erstreckte, waren vor uns aber auch nicht sicher. So langsam verlieren wir auch etwas die Berührungsangst und trauen uns schon auf Märkten einzukaufen. Es mag lächerlich klingen, aber sich von den gewohnten, heimischen und vor allem anonymen Supermärkten zu trennen fällt schwerer als gedacht. Als letzte Sehenswürdigkeit vor Antalya führte uns der Weg nach Pamukkale. Die historische Stadt Hierapolis ist auf einem kleinen Berg erbaut, welcher eine kalkhaltige Thermalquelle hervorbringt und so Kalksinterterrassen an seiner Südseite hervorgebracht hat. Ein Naturschauspiel, was auch die UNESCO gewürdigt hat. Nur barfuß darf man den Berg erklimmen, was aufgrund der frühen Stunde (wir wollten den chinesischen Tourihorden ausweichen) ein erstens sehr kaltes und zweitens auch teilweise sehr scharfkantig schmerzhaftes Vergnügen war. Immerhin durfte Laika mit. So viel Toleranz hatten wir nicht unbedingt erwartet, aber die Straßenhunde machten ja nun mal auch vor diesen Orten nicht halt, also warum einen Hund an der Leine aussperren?

Morgen neben Ballons aufwachen
Pamukkale Kalksinterterassen – mächtig kalt

Mit reichlich Eindrücken im Gepäck rollten wir weiter. Und immer wieder dieses klackende Geräusch von der Hinterachse… aber das wird schon nichts Schlimmes sein…oder doch?

Laika und das trojanische Pferd

Von der Antike ins Schlammloch

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Vor ein paar Wochen konntet ihr ja bereits von unserer eingeschobenen Feldinstandsetzung des Dachgepäckträgers lesen. Das kam genau an dieser Stelle, als wir uns von Thessaloniki weiter an der Küste vorarbeiteten. Wir fuhren die Küstenstraße, was zur Folge hatte, dass dort eher kleine Urlaubsorte, als Platz für uns zu finden war. Über etwas holprige Wege fanden wir aber ein kleines Paradies. Eine Mini-Bucht mit steinigem Strand, unbewohnt und hinter so vielen Hecken, dass sie kaum zu sehen war. Dort hielten wir also, um einige Reparaturen zu tätigen. Diese kurze aber auch wohlverdienten Zwangspause wurde nicht nur zum Schrauben an Ernst genutzt, sondern Martin konnte auch seine Schnitzfähigkeiten unter Beweis stellen, indem er mit dem neuen Taschenmesser von Mama aus einem Stück Treibholz den abgebrochenen Bratpfannengriff ersetzte. Diese liebgewonnene Pfanne war nämlich Conny jahrelanger Begleiter und hat schon den ein oder anderen Umzug an Deutschlands Küsten hinter sich (Viel wichtiger ist eigentlich, dass ihr Nachnahme eingraviert ist und sowas kann man ja nicht einfach weggeben!). Liegt jetzt auch viel besser in der Hand und ist sicher noch mehr ein Unikat.

Aber nach wenigen Tagen zog es uns schon weiter gen Osten. Es scheint uns Vanlifer alle irgendwie immer in die gleiche Richtung zu treiben, denn schon an dem nächsten Übernachtungsplatz trafen wir endlich die ersten Gleichgesinnten auf dieser Reise. Linda und Jonathan hatten es sich genau an der kleinen Bucht bequem gemacht, die wir über Sattelitenbilder zu unserem nächtlichen Schlafplatz auserkoren hatten. Aber man teilt ja gerne, und so wurde es anstelle eines fleißigen Arbeitsabends am Computer doch lieber die gesellige Runde bei Wein und Keksen im senfgelben Mercedesbus der beiden. Übrigens auch ein absolutes Unikat, oder wer kann mir ein anderes deutsches Auto zeigen, das einen Holzofen vorzuweisen hat?

Für Laika war dieses Treffen aber mit Sicherheit die größte Freunde von uns alles, denn Linda und Jonathan hatten sich in einem kleinen kosovarischen Dorf in einen Welpen verliebt und ihn kurzerhand adoptiert und mit dem Namen Reco versehen. Der erste Hundekontakt auf dieser Reise stnad Laika also bevor. So konnte unsere – schon fast erwachsene – Hündin mal zeigen wie man so von Hund zu Hund erzieht…oder zumindest sehr viel Spaß auf vier Pfoten hat.

Am nächsten Morgen trennten sich dann unsere Wege mit dem recht sicheren Gefühl sich irgendwo auf dieser Reise nochmal wieder zu sehen. Aber sich wirklich verabreden, das klappt in dieser Welt nicht wirklich, denn viel zu oft geht etwas kaputt oder ein kleiner netter Feldweg lockt einen zu traumhaft schönen Plätzen und läd zum Verweilen ein. Unsere Route folgte ab jetzt der antiken Marmorstraße, vorbei an wunderschönen Olivenhainen und atemberaubenden Ausgrabungsstätten und mitten durch gemütliche Kuhherden. Und immer wieder durch schmale Pfade, überwuchtert von uralten Bäumen. Schon während der Fahrt kam es uns so vor, als sei diese Straße nicht unbedingt für Camper geeignet, und ein Blick in den Reiseführer offenbarte auch erst am Ende der Strecke, dass Fahrzeuge ohne Allrad und über 3 Meter Höhe sich besser einen anderen Weg suchen sollten. Ging trotzdem irgendwie, wenn auch langsam.

Und dann war da dieser eine verhängnisvolle, regnerische Tag kurz vor der türkischen Grenze. Wohlich vollgefuttert mit griechischen Leckereien waren wir auf der Suche nach einem ruhigen Platz für die Nacht. Der kleine Feldweg, der von der Schnellstraße abführte sah auch sehr verlockend aus. Ein paar Felder links und rechts, kleine Wäldchen in der Ferne… es schien perfekt. Nur irgendwie waren der aufgeweichte Boden und Ernsts stattliche 2,8 Tonnen nicht gut miteinander vereinbar, und so steckten wir relativ unerwartet bis zur Achse im Schlamm fest. Ihr erinnert euch vielleicht an unser erstes Montagsfoto auf Facebook. Da half auch die tolle Differentialsperre nicht mehr weiter. Und natürlich wurde genau in den Moment aus dem leichten Regen ein recht ansehnlicher Schauer. So mussten in den folgenden Stunden (ja, Stunden) die Bäche, die den Abhang zu Ernst strömten, umgeleitet und viele Steine vom Wegesrand in unsere Fahrspur geschleppt werden. Auch die Winde hatte ihren ersten richtigen Einsatz und durfte Ernst mehrmals korrigierend auf den festeren Teil des Pfades zurück ziehen. Letztendlich haben aber nur die Sandbleche wirklich geholfen, uns wie Münchhausen am eigenen Schopfe auf dem Schlamassel zu ziehen. Und überall war Schlamm. Am Auto, unter dem Auto, an den Sandblechen, der Winde, den Klappspaten, der Waschtonne, den Stiefeln, Hosen, im Auto, dem Hund. Wirklich überall. Die 100 Meter rückwärts hatten uns geschafft. Manchmal lernt man jedem Zentimer zu schätzen, den man in die gewollte Richtung kommt. Also wurde an genau den Ort der Freiheit auch der Feierabend ausgerufen (Inzwischen war es ja auch schon dunkel und vergesst den Regen nicht).

Hoffentlich passiert uns sowas nicht noch einmal…oder was hat die Türkei in Petto für uns? Damit geht es beim nächsten Mal weiter.

Sonne, Palmen, Sonnenschein – was kann schöner sein?

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Es stimmt zwar in keinster Weise, denn wir waren vorher noch nie so richtig in Griechenland, aber es fühlte sich an wie nach Hause zu kommen. Man ist doch schon ein echtes Kind der EU geworden, denn plötzlich waren die Grenzen keine echten Grenzen mehr, das Geld war bekannt und eine Stimmung der Gemeinschaft lag in der Luft. Vielleicht lag es auch an der Aussicht auf Sonne, Strand und Meer. So genau kann man das jetzt gar nicht mehr sagen, jedoch die Aussicht auf rauschende Wellen und warme Temperaturen lies Ernst noch ein paar km/h schneller fahren.

Der erste Morgen nach der kurzen Zwangsmautstraßenstrecke begann mit einer kleinen flackernden Kerze in einem Mini Törtchen sowie einem Ständchen von Laika und Martin zu Conny’s Geburtstag. Wer dabei nun schiefer gesungen hat, ist nicht mehr eindeutig nachzuvollziehen, aber es war ganz sicher der Hund 😉. Dennoch hat sich jemand sehr darüber gefreut.

Dem tollen, romantischen Abendessen in der Hafenstadt Thessaloniki trat leider ein massives Kommunikationsproblem mit der Kellnerin entgegen. Man darf sich einfach nicht darauf verlassen, dass die Kellnerin einem wirklich etwas zu Essen bringt, nur weil sie sich freundlich für die Bestellung bedankt. Nach 1 ½ Stunden geduldiger Wartezeit (man hört ja immer, dass die südlichen Länder es nicht so eilig haben) schwenkten wir dann zu einem kurzen Snack um, und fuhren entlang der Bucht um die Stadt in ihrer vollen Pracht über die See betrachten zu können.

Da waren wir nun endlich, am Meer! Lediglich die Sonne und die hohen Temperaturen fehlten, aber immerhin. Von nun an sollte es endlich so wirklich richtig Osten gehen. Auf ins Unbekannte, ins Raue, ins Neue. Denn um ehrlich zu sein… es fühlte sich jetzt schon wieder weniger wie das große Abenteuer an als in den vorherigen Ländern. Was muss nur passieren, damit man endlich begreift dass es kein zu lang geratener Pauschalurlaub ist? Einen Vorgeschmack wartete schon am Östlichen Ende des Landes auf uns, aber dazu beim nächsten Mal mehr.

 

Das erwartete Paradies auf Erden…oder eben Bulgarien

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Es ist ja beinahe unfair Rumänien gegenüber, aber wir freuten uns so sehr darauf etwas Anderes als die Müllberge zu sehen, dass wohl auch ein Minenfeld inmitten einer Zombiearmee eine willkommene Abwechslung dargestellt hätte.

Zum Glück erwartet ja niemand einen objektiven Reisebericht von uns, uns so kann ich mit ruhigem Gewissen berichten, dass wir unsere Scheuklappen aufsetzten, den Brückenzoll nach Bulgarien frohen Herzens entrichteten und einfuhren in das wohl schönste Land auf Erden… zumindest für den Moment. Wir schafften es erfolgreich die ebenso zerfallenen Häuser wie vor der Grenze zu ignorieren und genossen stattdessen den Sonnenschein des sehr frühen Frühlingsanfangs. Bulgarien also, viel weites Land, auch Müll (aber weniger), zerfallene Häuser, aber irgendwie mit mehr Liebe von Weinranken und Kletterrosen zusammengehalten als bei den Nachbarn im Norden. Viel Zeit haben wir uns auch für dieses Land nicht eingeplant, noch immer treu dem Motto: Was so dicht bei ist, kann man auch später wieder besuchen und braucht dafür kein Jahr Auszeit nehmen.

So polterten wir mit einer durchschnittlichen Fahrleistung von 160km/Tag gen Süden. Das mag erstmal nicht viel klingen, aber das sagen auch nur die, die die Straßen noch nie mit eigenen Augen gesehen haben. Ohne einen wachsamen Copiloten, der den Fahrer immer vor tiefen Kratern im Asphalt warnt, wäre sicher schon mehr am Ernst kaputt gebrochen, dennoch rüttelt es einem teilweise die Schrauben aus den Verkleidungen des Wohnraums, ganz zu schweigen von Flugobst und sonstigen losgerissenen Reiseutensilien.

Nach der ersten Übernachtung im einem wunderschönen Nationalpark mit tollen Wanderwegen, die um eine, in den Fels gehauene, alte Burg führten, füllten wir unsere Frischwasservorräte an einer nahen Quelle auf und brausten Richtung Hauptstadt. Man erkennt in Sofia regelrecht den Spagat zwischen alter Sowjetzeit und den Neuerungen der EU. Die westliche Welt mit ihren stark beworbenen Konsumgütern wirkt im Geiste irgendwie deplatziert zwischen der Architektur der UDSSR. Trotzdem fühlte man eine regelrechte Gelassenheit in den Blicken der Passanten. Wir nutzen diese kurzen Aufenthalte in Städten immer gerne um mit unserer Laika weiter zu trainieren, wie man sich in Gegenwart von anderen Hunden und fremden Menschen richtig verhält. In den meisten Fällen ist allerdings nicht mehr unser geliebter Vierbeiner, sondern eher die gutmeinenden Zweibeiner das Problem. Und auch in dem Fall als uns die überaus freundlichen Kellner eines örtlichen Restaurants wieder vor die Tür baten, da Hunde nicht erwünscht seien, war Laikas Reaktion denen ins Foyer zu pinkeln (vor Freude!) auch irgendwie angebracht… finden wir zumindest.

Wir begaben uns auf Sofia‘s Hausberg, wo noch ordentlich Schnee zu liegen schien. Und verbrachten dort eine stürmische Nacht. Am nächsten Tag nahte er. Der erste WINDENEINSATZ. Wir nennen es mal einen sanften Anfang, denn nicht Ernst selbst war das Opfer seiner unumsichtigen Fahrer geworden, sondern ein PKW, der sich auf dem Parkplatz eines kleinen Skigebietes im losen Schneegraben festgefahren hatte. Also: freundlich sein, Hilfe anbieten, Auto zurück auf die Straße ziehen, neue nette Leute kennen lernen. Ob wir selbst wieder heil von dem Glatteishügel heruntergekommen sind? Davon erzählen wir beim nächsten Mal mehr.

Ernst’s erste Alterserscheinungen

Bei Facebook haben einige von euch ja schon fleißig mitgerätselt, was wir denn gebastelt haben. Hier kommt nun die etwas ausführlichere Auflösung, denn so einfach war das nicht.
Die Straßenverhältnisse der letzten 3000 km waren ja sehr unterschiedlich. Von best ausgebauten (von der EU geförderten) Autobahnen über mittelprächtige Landstraßen bis hin zu den letzten Rumpelpisten, die aber laut Googlemaps mit einem normalen Pkw zu befahren seien. Streckenweise lag es aber auch ein bisschen an uns, da wir uns schon immer entlegene und hübsche Übernachtungsplätze suchen. Die sind nun meistens nicht direkt an der Hauptstraße gelegen. Nun rumpelten wir also über Stock und Stein. Der Ernst machte das auch größtenteils gut mit.
In Thessaloniki machten wir dann mal einen Maintenancestop, um Wäsche zu waschen und einmal um und unters Auto zu gucken. Und siehe da, Punkt 1: Der Hund durfte nicht in den Waschsalon. Punkt 2: Griechische Bauarbeiter haben keine Scheu, wenn du mit Hund vor dem Waschsalon sitzt, zwei Meter entfernt mit ihrem Bohrhammer den Gehweg aufzureißen. Punkt 3: Ernst gings gut, aber der Dachgepäckträger war gebrochen und zwei Bolzen waren abgeschert. So ein Mist, eine Reparatur war fällig. Der Ernst war zwar schon 30 Jahre alt, aber das war dann doch schwierig. Schließlich hatten wir dort oben unsere Solaranlage, die Sandbleche, unsere Wäschetonne und die Alukiste mit Hundefutter. Als wir dann mal nachrechneten, kamen auch wir auf die Idee, dass es eventuell, also ganz unter Umständen, vielleicht doch ein klein wenig zu viel für den Gepäckträger war. Nun gut, nun war er gebrochen und wir mussten uns etwas überlegen. Noch in Thessaloniki an einen viel befahrenen und zugeparkten Straße machten wir eine erweiterte Schadensaufnahme, verluden die Hälfte des Hundefutters unter eine Sitzbank. Wir kletterten abwechseln auf’s Dach um uns die Sache genauer zu betrachten und machten einen Schlachtplan.
Alu-Schweißen fiel vorerst aus. Zusammenbinden war auch keine Option. Also musste eine Unterstützungskonstruktion her. Der nächste Praktiker-Baumarkt (ja, es gibt ihn hier wirklich noch!)war unserer und wir besorgten uns folgende Dinge:

  • zwei große und zwei kleine Winkel
  • eine Gewindestange
  • passende Unterlegscheiben und Muttern
  • Lochblech
  • Fahrradschlauch
  • Bolzen

Die Winkel mussten wir noch anpassen und an den Enden umbiegen. Man traut Martin ja viel zu, aber mit bloßen Händen hätte er das nicht geschafft und passendes Werkzeug (also am besten einen Schraubstock) hatten wir auch nicht mit dabei. Wir fuhren aber erstmal ganz vorsichtig weiter in Richtung unseres abendlichen Bestimmungsortes. Auf dem Weg wollten wir noch tanken, aber verpassten die erste Tankstelle, also fuhren wir weiter. Inzwischen war es dunkel geworden und die Straßen kurviger, also fuhren wir wie auf rohen Eiern, damit uns der Träger nicht auch noch an der anderen Seite brechen würde. Wir hielten an der nächsten Tanke (die auch noch günstiger war) und eine ältere Frau tankte uns den Ernst voll. Das macht man hier selbstverständlich nicht selbst. Da das beim Ernst immer etwas länger dauert, hatten wir Zeit ein bisschen die Tankstelle zu begutachten. Ziemlich rümpelig, viel Schrott und Autoteile, und… aber halt! Was war da? Ein Schraubstock! Wir fragten die Tankstellenfrau ob wir diesen mal kurz benutzen dürften und sie nickte uns zu. Martin bog fix die Winkel und die Fahrt konnte weitergehen. Seit diesem Moment glauben wir wirklich an Vorsehung und vor allem, dass sich Dinge einfach fügen, man muss sie nur lassen.

Am nächsten Tag waren wir dann so weit und konnten die erforderlichen Arbeiten erledigen. Also hieß es erstmal alles vom Dachgepäckträger runter. Dazu die Alukiste entpacken, Hundefutterbeutelchen für Hundefutterbeutelchen. Wäschetonne, Sandbleche und die dazugehörigen Zurrgurte ab.

 Dann Material bereitlegen und für euch ein Rätselfoto machen 😉 Und dann ging es los: Wir bogen die Gewindestange in ungefähr 8 cm lange U’s um diese dann über die Trägerrohre zu legen.

Hinein kam ein bisschen Fahrradschlauch und von unten wurden die Winkel angebracht und mit einem Lochblech, Unterlegscheiben und den Muttern gesichert. Die Winkel wurden dann noch an der sowieso vorhandenen Halterung am Dach befestigt. Die neuen Edelstahlbolzen haben wir vor lauter Enthusiasmus vergessen einzubauen (Natürlich fahren wir nicht ohne, wir haben auf die Schnelle verzinkte Stahlbolzen direkt in Thessaloniki eingeschraubt).

Dann natürlich das ganze Geraffel wieder nach oben, alles in die Kiste, verzurren, Werk bestaunen. Aber bei der Aussicht konnte man sich auch einfach nicht über den pfeifenden fünf Grad kalten Wind beschweren. Zum Schluss waren wir uns einig: Hält besser als das Original.

Rumänien – das Ende

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Wie ihr vielleicht bisher erahnen konntet, hat uns Rumänien bis dato nicht überzeugt gehabt. Falls nicht, hole ich euch das nochmal kurz ins Gedächtnis: Müll.
Es war also Tag 3 in Rumänien und wir starteten aus dieser verschneiten Winterlandschaft Richtung Bran. Bran. Genau, wer kennt es nicht. Wir wollten zum Schloss Bran, da es das „Dracula-Schloss“ genannt wurde aufgrund der großen Ähnlichkeit im gleichnamigen Roman. Wir fuhren also tiefer in die Karpaten und Ernst kämpfte sich tapfer die Serpentinen hoch. Zweiter Gang, mein bester Freund. Wir kamen durch entlegene Dörfchen und tiefe Wälder, es hatte schon etwas mystisches, was zu Dracula passte. Knoblauch hatten wir vergessen, Vorbereitung ist doch alles… Dann fuhren wir nach Bran ein und tata! Ein Touristendörfchen erster Klasse. Vorbei mit der ländlichen Beschaulichkeit. Restaurant, Souvenirs und Parkplatzwächter an jeder Ecke. Aber ok, wir wollten uns das Sagen umwogene Schloss trotzdem anschauen. Gesagt, getan. Am Eingang dann aber: „Big dog no possible“. Laika ist also inzwischen ein big dog. Sie fühlte sich geschmeichelt und wir zogen wieder ab, hatten wir uns geschworen nur dort hineinzugehen, wo auch unser Fluff mitreindurfte. Vor dem Eingang des Schloss wurde Conny noch von einer vom Dachlawine eiskalt getroffen. So hatten wir uns das nicht vorgestellt, aber es passte in unser Bild von Rumänien. Da wir nun schon für zwei Stunden ein Parkticket gekauft hatten schlenderten wir noch über den Touristenmarkt und kauften Räucherkäse und – jetzt kommt’s – handgewebte und -gestrickte Partner-Schafs-Woll-Pullover. So langsam werden wir doch zu einer Person.
Wir fuhren dann weiter in die Karpaten und fanden oberhalb eines kleinen Dorfes ein tolles Plätzchen wo wir (wieder im Schnee) übernachten wollten. Der Sonnenuntergang in den Bergen war herrlich, die Gipfel funkelten und schienen in allen Rot- und Orangetönen. Wir waren gerade dabei schlafen zu gehen, da hupte es und ein Auto fuhr mehrmals um uns rum und zog wieder ab. Wer sollte das sein? Eine halbe Stunde später klopfte ein Mann mit einem riesengroßen Hütehund (der hatte bestimmt 75 cm Höhe). Wir öffneten erfurchtsvoll die Schiebetür eine Standpauke für falsches Parken erwartend, und der Mann fragte entgegen aller Erwartungen: „Problem?“ Wir winkten ab. Was für eine nette Geste! Der Mann wohnte wohl etwas 200 m weiter und dachte wir hätten ein Problem mit dem Auto und wollte lediglich seine Hilfe anbieten. Wir antworteten mit „Camping“ und er verstand uns und erwiderte „Ah, camping, camping!“ und zog wieder von dannen. In dieser wunderbar klare Bergluftsnacht mit tollen Sternen am Himmel fielen wir in tiefen Schlaf.
Die nächsten zwei Tage machten wir Strecke und fuhren aus den Karpaten raus über Ramnicu, Pitesti und Slatina. Dort übernachteten wir, bevor es dann weiterging um schnellstmöglich nach Widin in Bulgarien zu kommen. Auf dem Weg fanden wir immer wieder alte abgestellte Flugzeugwracks. An einer Stelle hatte jemand drei davon zusammengestellt und wohnte darin. Unser Resüme zu Rumänien: Nicht nochmal.

Rumänien Teil I

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Dracula, tolle Landschaft und wunderbare Wanderwege. Das ist das, was wir von diesem Land gehört hatten und unsere Erwartungen waren dementsprechend groß. Wir verließen Ungarn über Szeged (manche von euch kennen Szeged wegen des großen Musikfestivals, andere wegen des Szegediner Gulaschs oder der Salami). Das Land hat uns wirklich gefallen und wir wollen später unbedingt noch mal eine längere Reise hier hin machen. Aber es sollte weiter gehen, wir wollten ja zügig ins Warme. Wir fuhren von Ungarn nach Rumänien über die Grenze, Laika klappte mal wieder ihre Öhrchen an und war super niedlich zu den Grenzbeamten, die darauf hin natürlich dahinschmolzen. An der 100 Meter entfernten Vignettenstation trafen wir noch einen Uelzener, der auf Familien-Besuchsreise war. Vermutlich Jäger, denn er besaß einen Subaru in grün. Und dann kam:

Nichts. Sehr lange einfach nichts.

Der Wegensrand in Rumänien war gesäumt von Müll. Unsagbar viel Müll. Kein Wald, kaum mal ein Strauch. Ab und an zerfallene Megalandwirtschaftsanlagen und Städte. Der Rauch der mit Holz befeuerten Öfen hing schwer in der Luft und nahm Sicht und Atem. Sollte das der Eindruck sein mit dem wir dieses Land später wieder verlassen? Aber es gab Lichtblicke.

Wir fuhren fast durchgehend bis Timisoara, dort kehrten wir ein. Wir wollten ja schließlich auch regoinale Küche kennenlernen. Vor dem Restaurant „Old House“ bekam Ernst noch ein paar bewundernde Blicke und uns wurde das Restaurant mit höchsten Tönen empfohlen. Also rein mit Hund, der Kellner sprach sogar Englisch! Wir bestellten Limonade und eine Fleischplatte, die es in sich hatte. Wir schafften fast alles, und der Kellner bemerkte diese Leistung anerkennend „This platter is normally for four people“. Mit Stolz und bis zum Bersten gefüllten Bäuchen begaben wir uns auf Schlafplatzsuche, was sich ohne Bäume als sehr schwierig herausstellte. Wollten wir doch etwas abseits und unbemerkt stehen, da wir doch immer dieses unterschwellige Diebstahlsopfergefühl hatten. Wir fanden recht spät einen sehr einsamen Platz in dem einzigen Wald weit und breit, in dem sich Conny vor Wölfen, Bären, der Stille und vor allem der Dunkelheit fürchtete. Aber hier konnten wir immerhin stehen bleiben.

Das beste daran, Freunde auf der ganzen Welt zu haben…

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… ist: Freunde auf der ganzen Welt zu haben! Aber ein Besuch während einer Weltreise gleicht mehr einem Wiedersehen mit Familienmitgliedern. Diese absolute Herzlichkeit, Mit-Freude, Interesse und anpacken bei Reparaturen und Alltäglichem erweicht unsere Herz!

Die letzte Nacht verbrachten wir bei Martina, einer Boßel-Freundin von Martin, die inzwischen nordöstlich von Wien wohnt. Sie umsorgte uns so gut, dass wir fast gar nicht mehr los wollten. Wir konnten Wäsche waschen, bekamen Raclette zum Abendessen und wärmten unseren Wangen und Gemütern mit Bier ein. Laika war mal wieder der Star, da ihr Niedlichkeitsfaktor immer nur zunimmt. Auch an dieser Stelle wieder mal: Hach!

Tagsüber hatten wir uns Wien angeguckt, Kaiserschmarrn und Marillenknödeln verputzt und Laika hat ganz mutig, nachdem sie erst mit dem Kutscher geflirtet hat, dem Fiaka-Pferdchen mehrere zaghafte Hunde-Küsschen verpasst.

Weltreise-Gefühle

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…Fehlanzeige! Bisher fühlt sich die Reise wie ein Wochenendtrip an. Nunja, wir könnten ja genaugenommen auch noch umdrehen und wären Sonntag Abend wieder zu Hause. Aber nein, weiter geht’s, wir sind doch erst ganz am Anfang.
Also mal ganz von vorne: Freitag ging es nun also los, von Berlin mit einigen Besorgungen über Polen bis nach Sachsen. Dort hielten wir in Königshain, ganz in der Nähe eines Granitsteinbruchs ( Danke für’s Zeigen, Vladi!). Die erste Nacht war unheimlich kuschelig, mit unserer gepimpten Matratze, doppelter Bettdecke und jeder zwei Kissen, wurde es nicht nur warm sondern fast auch etwas eng im Ernst ganz oben. Gefroren hat also trotz Temperaturen um den Nullpunkt niemand.
Nach dem morgendlichen Start und einer unglaublich netten Begegnung auf einem vereisten Berg (Viele Grüße an dich Berliner, falls du das liest), ging es mit einem kleinen Spaziergang um das Granitabbaugebiet weiter Richtung Tschechien. Und da wir ja niemals alles beisammen haben, gab es noch den ein oder anderen Stop an Supermarkt, Baumarkt & Co. Unser Tagesziel sollten die Prachauer Berge (Prachov Rocks) werden, wo es richtig schöne Fotomotive geben sollte. In der letzten Dämmerung kamen wir dort an und parkten mit einem weiteren Auto (war es der Hausmeister?) am Fuße des Nationalparks.
Am Sonntag Morgen stiefelten wir dann los in die Berge, den Hund an der langen Leine, Martin mit der Kamera, Conny mit dem Rucksack. Schneebedecke Felsen, Tannen so dünn wie Streichhölzchen und kein Mensch weit und breit. Herrlich! Wir wanderten gute zwei Stunden, gezogen (manchmal auch geschleift) vom Hund und konnten gar nicht genug bekommen. Wir wollten aber weiter. Nachmittags düsten wir nach Prag und drehten noch eine kurze Runde durch die Altstadt, aßen Trdelnik und machten uns wieder auf den Weg. Diesmal Richtung Cesky Sternberk, wo wir am Fuße einer Riesen-Burg mitten im Wald übernachten.