Mir wurde einst irgendwo beigebracht, dass ein Feedback immer mit was Gutem anfängt und auch mit was Gutem aufhört. Also verpackt man das nicht so Tolle irgendwie zwischen etwas Süßem. Ich versuche das jetzt hier mal mit dem nächsten Land auf unserer Reise. Also Georgien…hier ist dein Feedback:
Wunderschöne Landschaften erheben sich mit dem kleinen und dem großen Kaukasus in diesem winzigen Land, auch Küste und das dazugehörige subtropische Seeklima fehlen hier nicht. Man kann also sagen, dieses Land ist geografisch gesegnet mit allem was man sich wünschen kann. Badeurlaub in Klein-Dubai (Batumi), Snowboarden auf den immer schneebedeckten Gletschern (Kazbegi), Wandern in grünen Tälern (Tuschetien), Klettern an schroffen Gebirshängen. Es ist eigentlich für jeden was dabei und das auf kleinstem Raum. Aber nur weil es klein ist, heißt es nicht, dass alles schnell erreicht werden kann. Das liegt jetzt nicht unbedingt an den Straßen…ja, wir haben schon bessere gesehen, aber auch bedeutend schlechteres erlebt. Nein, es sind die Bewohner dieses Kleinods, die die Autofahrt zu einer kriegerischen Handlung werden lassen. Es gibt Striche auf dem Boden, aber wirklich interessieren tut sich niemand dafür, ebenso wie für Verkehrsregeln im Allgemeinen. Ein schier rücksichtsloses Geschiebe, Gedrängel, Gehupe und Geschneide treiben einem innerhalb weniger Minuten die Schweißperlen auf die Stirn. So wundert es dann auch wirklich nicht, hier kein Auto ohne Dellen und Kratzer finden zu können. Selbst gegen unseren geparkten Ernst ist jemand gefahren (keine Angst, Ernst hat gewonnen). Ohne Arbeitsteilung in Fahrer und Navigator wären wir hier absolut verloren gewesen. Leider scheint sich diese Stimmung des Fahrens auch in den Gesichtern der meisten Einwohner festgefressen zu haben, denn auf freundliche Gesichter hofften wir meistens vergebens. Und doch beheimatet dieses Land auch herzensgute Menschen, die sich aufopferungsvoll für kleine freundliche Gesten bedanken.
So… klingt alles schlimmer als es ist, aber ehrlich begeistert waren wir zum Schluss nicht. Am ersten Abend trafen wir unsere Freunde aus Griechenland wieder und Laika konnte ihren artgenössischem Spieltrieb mit Reco ausleben. Nach zwei gemeinsamen Tagen trennten sich bereits unsere Wege, wir besuchten die kleine aufblühende Küstenstadt Batumi und zogen auf gerader Linie weiter Richtung Tiflis, nur unterbrochen von einem einsamen Bad in einer heißen Quelle. Die Eile war durch den ersten Botschaftsbesuch begründet, so wollten wir doch später problemlos in den Iran einreisen können. Die einwöchige Wartezeit in und um die Stadt war einfach nervenaufreibend, denn jede kleine Fahrt wurde durch den Krieg auf den Straßen zur Zerreißprobe der guten Laune. Dazu die Ungewissheit wie lange wir denn nun wirklich warten müssen. So verbrachten wir die Zeit mit Ausflügen in die örtliche Kletterhalle, versuchten uns an Besorgungen weiterer Ersatzteile, fuhren in die nahe gelegenen Berge um Abstand zu den Menschen zu gewinnen (dabei neuer Höhenrekord für Ernst 2700m)… Und immer wieder ging Ernst einfach aus während der Fahrt. Ohne Vorwarnung.
Aber an sich ging es immer weiter. Und jedes Mal dachten wir den Fehler gefunden zu haben… Erst hatten wir den Wasserabscheider als Ursache identifiziert. War völlig verrottet, also raus damit. Dann meinten wir der Kraftstofffilter sei zu (man hört ja immer von dem schlechten Sprit in diesen Ländern) also auch den austauschen. Dann meinten wir sehr viel Luft im System zu haben, vielleicht irgendwo eine Undichtigkeit, teilweise haben wir die Leitungen erneuert…und doch an dem einen Tag auf dem Weg in die Berge… aus. Und diesmal ging er nicht wieder an der Ernst. Die Nacht direkt an der stark befahrenen Straße war nicht unbedingt die schönste auf der Reise, und doch ist es immer beruhigend alles bei sich zu haben. Am nächsten Morgen sprang Ernst an, und nun aber fix zurück ins Tal um den nächsten Verdacht aus dem Weg zu räumen… schlechter Sprit. Der Tankwart an der nächsten Station war auch ganz unserer Meinung, dass er das Problem häufig hört und half uns freundlichst beim Enttanken mittels Absaugschlauch. Mit dem neuen Sprit rannte Ernst wieder…dachten wir. Das Glück hielt nur etwa 200 km bis zu dem Tag als wir Tiflis mit dem Iranischen Visum in Händen in Richtung Azerbaijan verlassen wollte. Nicht einmal bis zur Stadtgrenze reichte es…und so fanden wir auf der Schnellstraße heraus:
- Einen LT Florida zu schieben ist alleine annähernd unmöglich
- Hilfsbereite Georgier sind leider selten
- Hör auf Conny, sie hat fast immer recht. Denn Conny wollte seit Beginn den Tank ausbauen um zu gucken ob darin alles noch tutti ist, nur mir graute einfach vor der Arbeit, die ist nämlich immens. So konnte ich mit der Vorstufe zum Ausbau dennoch ihren Verdacht bestätigen. Mit einem zurechtgezwirbeltem Draht fischte ich ein Stück Putzpapier auf der Kraftstoffleitung… So verstopft wunderte mich dann auch wirklich nicht mehr, dass Ernst das ein oder andere Mal keinen Bock (Sprit) mehr hatte.
Ganz ehrlich gesagt: Wären nicht die wenigen netten Menschen gewesen, die uns Nachts zu selbstgebranntem Vodka eingeladen haben oder uns eine Möglichkeit geschaffen hätten, unsere Wäsche zu waschen, wir wären doch sehr enttäuscht gewesen von diesem Land. Sicher, es war die falsche Jahreszeit. Nicht mehr Winter aber noch nicht richtig Frühling, so dass die wirkliche Schönheit unseren Augen verborgen blieb. Leider bleibt hauptsächlich der Straßenverkehr in Erinnerung. Und so geben wir euch einen Rat mit auf den Weg: Solltet Ihr jemals Georgien besuchen wollen, erkundet es nicht mit dem Auto 😉
PS: Die Sache mit dem Vodka: Eines Abends befanden wir uns nördlich von Tiflis, bei Norio, in einem Naturpark. Dichter Nebel, Dunkelheit und schlechte Straße zwangen und letztendlich zum Anhalten, bevor wir unser eigentliches Ziel, ein Kloster, erreichten. Kurz nach dem Abendessen, klopfte es an unserer Tür. Der erste Gedanke: Och nö, wir stehen hier auf jemandes Grundstück und sollen weg. Aber dem war nicht so. Ein Mann mitsamt seinen Hunden bat uns um Hilfe. Uns. Sein Freund war direkt vor uns mit seinem Lada liegengeblieben und nun brauchte er Anschubhilfe. Das war kein Problem und so schoben wir zu dritt den Lada den Berg hinunter is er wieder fuhr. Aus lauter Dankbarkeit lud uns der Mann noch nach sich zu Hause ein. Entgegen aller Ängste, es könne ein Axtmörder sein, gingen wir nach ein paar mal Ablehnen mit. Wir erfuhren, dass er Tornike hieß, eine Zeit lang in Österreich lebte und gerade dort auf dem Gehöft seines Vaters ein Ausflugsrestaurant aufbaut. Sein Deutsch war etwas eingerostet, aber mit jedem Glas Vodka ging es fließender. Wir mussten mittrinken. Den guten Selbstgebrannten. Mit nur 80%. Ein Wunder, dass wir nicht blind wurden. Irgendwann konnten wir uns loseisen, am liebsten hätte er uns dabehalten. Am nächsten Morgen besuchten wir ihn nochmals um Danke zu sagen und sahen erst das wundervolle Grundstück! Wenn ihr also dort mal in der Nähe seid, geht ihn auf jeden Fall besuchen, er freut sich einen Keks! Hier die Koordinaten: 41.815276 N, 44.964335 E