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Für die letzte Nacht in Teheran wurden wir von unseren neuen Freunden in einen Park an der Nordgrenze der Iranischen Hauptstadt gelotst. Dass dieses Völkchen einen großen Hang zu Camping, Lagerfeuern und Geselligkeit hat, haben wir ja bereits erwähnt. Dass jedoch dieser Park auch so spät am Abend noch proppenvoll mit Menschen war und an jeder Weggabelung kleine Zelte standen und fleißig gegrillt wurde, damit hatten wir wiederum nicht gerechnet. An einem kleinen Parkplatz machten wir halt und unsere Freunde versicherten uns, dass spätestens in einer Stunde Ruhe einkehren sollte. Der tränenreiche Abschied und die gegenseitigen Zusicherungen sich so bald wie möglich wieder zu besuchen nahmen auch schon den größten Teil der Wartezeit auf Ruhe in Beschlag. Und ja, es wurde still um unseren Ernst. Vorerst. Denn nachdem wir uns gemütlich im oberen Stockwerk schlafen gelegt hatten und die ersten Traumfetzen den Tag Revue passieren ließen, riss uns ein ohrenbetäubender Lärm und eine schier unmenschliche Vibration aus dem Schlaf. Der ganze Ernst zitterte und dröhnte von etwas, das man persischen Techno nennen könnte. Wer glaubt, dass es keine jugendliche Autotuningszene im Iran gibt, weil hier ja alles so streng religiös und staatlich überwacht zugeht, der irrt gewaltig. Denn direkt neben uns zeigte ein Kleinwagen, dass man auch ein komplettes Auto in einen Resonanzkörper aller erster Güte verwandeln kann. Die campenden Familien waren allerdings wirklich weg, der Tausch war aber kein besonders guter. Wie Keanu Reaves in Mission Impossible glitten wir, so elegant wie Baumschlangen, vom Bett auf die Fahrersitze und nahmen Reißaus. Okay, fast so elegant zumindest. Als Dank für dieses freundliche akustische Wecken haben wir eine klitzekleine Rauchwolke aus Ernsts Auspuff hinterlassen und uns in den nächsten ruhigen Straßenabschnitt verkrümelt.

Die nächsten Tage hieß es nun Strecke machen und dabei möglichst viel vom Land zu Gesicht bekommen. Die tollen Erfahrungen der letzten Wochen setzten sich auch im Nordosten des Landes fort. Überall wo wir hinkamen wurden wir freundlichst begrüßt, wir wurden an tolle Orte geleitet, die wir uns unbedingt angucken mussten, wurden mit Lebensmitteln überhäuft… also ganz normales iranisches Verhalten, das wir hier nicht einmal annähernd wiedergeben, noch würdigen können. Wir waren einfach überwältigt.

Habt ihr schon einmal vom Cloud Forrest gehört? Es gibt da sicher mehrere Gegenden auf der Welt wo man den Nebel in den Wäldern unter sich aufsteigen sehen kann, aber so einen Ort zu finden, der direkt am Rande einer Wüstensteppe liegt, ist wohl doch was Besonderes. Über holprige Schotterstrecken bahnten wir uns unseren Weg hinauf in diesen kleinen Nationalpark, und plötzlich drehte sich die Welt auf den Kopf. Wo sonst dichte Wälder den Fuß eines Berges säumen und der Gipfel kahl erscheint, war es hier genau anders herum. Dichte, mit Tau besetzte Flechten hingen von den Bäumen herab, bunt blühende Stauden reihten sich an den Wegen auf. Überall ein Duft von frischen Kräutern wie auf einer Bayrischen Alm.

Ein sehr freundlicher junger Iraner stoppte uns unerwartet und erklärte uns mit Händen und Füßen, dass wir unseren Weg durch dieses kleine Gebirge lieber nicht fortsetzen sollten. Den Grund zeigte er uns lieber direkt und stiefelte mit uns um die nächsten Kurven. Ja, er hatte Recht, selbst ein richtiger Offroader hätte mit diesen ‚Straßen‘ seine Schwierigkeiten gehabt. Also blieben wir wo wir waren, nutzen die gewonnene Zeit für einen Waschtag, genossen die Aussicht und tranken Thymiantee mit unserem neuen Bekannten. Und endlich haben wir es mal geschafft einen Iraner zu uns einzuladen. Auch wenn er sich vielleicht etwas überrumpelt fühlte, als ihm ein Teller dampfender Eintopf vor die Nase gestellt wurde, gewehrte hat er sich immerhin nicht. Ein Erfolg auf der ganzen Linie.

Eine der bemerkenswertesten Bekanntschaften unserer ganzen Reise machten wir auch auf diesem Berg, allerdings war uns die Tragweite zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal ansatzweise bewusst. Ein alter Nissan Petrol, besetzt mit zwei jungen Männern und zwei jungen Frauen hielt an unserem improvisierten Campingplatz. Begeistert wurde sich unsere Geschichte angehört, das Auto unter die Lupe genommen, ein Freundschaftsarrak getrunken, unser Sticker auf den Nissan geklebt und die Telefonnummern ausgetauscht. Alles in allem keine 30 Minuten. Es wirkte wie eine der vielen kurzweiligen Begegnungen, aber man merkte schon, dass Omid jemand besonderes ist. Im nächsten Bericht erfahrt ihr dann auch, was ihn dazu macht.

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